Teil 5

In den Wochen, in denen sie ihn gepflegt hatte, war etwas passiert. Es war nicht mehr allein das Verhältnis einer Krankenschwester zu ihrem Patienten. Umso mehr hoffte sie auf seine baldige Genesung. Doch er machte nur kleine Fortschritte, und das konnte nur mit diesem Baum zusammenhängen.

In seinen Fieberfantasien, die von Albträumen begleitet wurden, hatte er von einem letzten Blatt gefaselt, das für ihn lebenswichtig zu sein schien. In diesen Augenblicken glich er selbst einem taumelnd spröden Herbstblatt, das aufgescheucht durch den Wind auf und nieder tanzt. Immer zum Berühren nah und doch nicht zu greifen. Um diesen Teufelskreis zu beenden, musste sie zu außergewöhnlichen Mitteln greifen.

Sie überlegte kurz, und eine Idee nahm Gestalt an. Über ihr hübsches Gesicht ging ein spitzbübisches Lächeln. Morgen schon und jeden weiteren Tag würden herbstliche Blätter an dieser Kastanie hängen, die nie zur Erde fielen und sich auch nicht der Kurzlebigkeit unterwarfen. Mit ihrer bunten Fülle standhaft und unverwüstlich, würden sie sogar jedem Herbststurm trotzen, wenn man sie nur richtig befestigte. Das letzte Blatt durfte nie fallen.

Sie warf noch einmal einen Blick auf ihren wieder schlummernden Patienten und verließ leise das Zimmer.

…. Fortsetzung