16.11.
Sie glitten an Regionen vorbei, die Liebermann sehr nebulös erschienen.
„In wenigen Minuten erreichen wir die erste Etappe“, prophezeite Frieder.
Er wies auf einen grauen Stein mit eingemeißelten Schriftzeichen, die schwer zu entziffern waren. „Was steht da, Frieder?“
„Zone der verlorenen Seelen, Doktor.“
In diesem Moment bremste das Gefährt abrupt, und Liebermann, der sich von seinem Sitzplatz erhoben hatte, verlor sein Gleichgewicht. Doch der Tod hatte das kommen sehen und ihn aufgefangen. „Verdammt“, schimpfte der Doktor, „was war das!“
Schweigend verließ Frieder seinen Famulus. Der Doktor folgte ihm und stellte fest, dass sie sich an einer ausgesprochen trostlosen Stätte befanden. Ihn fröstelte es auf einmal, und er rückte näher an den Tod heran; denn der war ihm im Moment lieber als alles Andere.
Diese Ebene hatte etwas Dämonisches. Phosphoreszierende Schatten in bizarren Formen hüpften und sprangen um sie herum. Ihn drückte eine Kraft, die weiter zunahm, bis sie sich in einem Ascheregen entlud. Fragend schaute er den Tod an.
„Die Schatten, die Sie hier sehen, Doktor, sind verlorene Seelen. Doch ihre Erinnerung an ein Leben im Licht ist nicht ausgelöscht. Ihr ganzes Streben geht dahin, davon noch einmal zu kosten. Wird die Sehnsucht zu übermächtig, pressen sich ihre Erscheinungen zusammen. Mit dieser Geste erhoffen sie sich nicht nur Wärme, sondern auch Rettung aus ihrem tristen Dasein. Doch das Einzige, was geschieht, ist ein Ascheregen, wie wir ihn direkt erleben durften. Dieser trifft die Silhouetten jedes Mal wie eine kalte Dusche.
Sie konkurrieren im Laufe eines Lebens. Gewinnt das Licht, wird die dunkle Seite verblassen. Breitet sich aber der Schatten aus und verdrängt das Licht, dann muss die Seele für immer ein Schattendasein fristen. Ich will Ihnen aber noch etwas Anderes zeigen.“