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4. Tag – „Frauenpower“

Die Leichtigkeit der Gespräche gestern im Tempel haben die Freunde Jesu sehr genossen. Im Kreis der neuen Interessierten fühlen sie sich wohl, und sie haben verabredet, sich an jedem Tag zu treffen. Wer kommen kann, kommt; und wer einmal keine Zeit hat, kommt nicht. So sind ihre Treffen, Gespräche und Diskussionen auf der einen Seite sehr offen, fast unverbindlich – auf der anderen Seite sind sie voller Tiefe.

An jedem Tag kommen mehr Frauen zu den Treffen; denn es spricht sich schnell herum, dass die hier auch mitreden können, Fragen stellen, ohne dass die Männer abschätzig auf sie herab schauen.

Heute trauen sie sich endlich, danach zu fragen, wie Jesus denn überhaupt mit den Frauen umgegangen ist. Wie es denn dazu kommt, dass Frauen auch mitreden dürfen und nicht abseits sitzen müssen.

„Ich war eine der ersten, die in die Reihe der Jünger aufgenommen wurde“, sagte Maria von Magdala und lächelte. „Johanna und Susanna waren auch dabei.“ – „Ja genau. Wir haben gehört, wie kurz zuvor Jesus eine Frau verteidigt hat, die sich in das Haus eines Pharisäers gewagt hat, um Jesus mit teurem Nardenöl zu salben.“ – „O ja, das war ganz großes Kino! Vor versammelter Mannschaft hat er Simon, den Gastgeber, in seine Schranken gewiesen, als er die Frau als Sünderin abkanzelte.“ – „DU hast meine Füße nicht mit Wasser gewaschen, die Frau aber hat meine Füße mit ihren Tränen gewaschen und sie mit Öl gesalbt. Ihr sind viele Sünden vergeben.“ – „Und uns, jeder von uns, hat Jesus auch geholfen und Sünden vergeben.“

„Wie war das denn speziell bei dir, Maria?“ – „Ich war schwer krank, besessen sagten die Menschen. Und dann hat Jesus sieben Dämonen aus meinen Körper ausgetrieben. Sieben! Ich war danach fix und fertig, wusste nicht, wie mir geschah und wer ich war. Da sagte Jesus zu mir, dass ich mich ihm anschließen dürfe. Das tat ich von Herzen gern, und so habe ich mein altes Leben aufgegeben und bin ihm nachgefolgt wie die 12 Ausgewählten.“

„Und ich“, sagt Johanna, „war schwer krank. Obwohl ich zur Oberschicht gehöre – ich bin die Frau des Chuza, mein Mann ist königlicher Beamter – konnte mir keiner der Ärzte des Herodes helfen. Bis ich von Jesus und seinen Heilungen hörte. Er hat ja sogar den toten Sohn einer Witwe kurz vorher zu neuem Leben erweckt. So ließ ich mich kurzerhand in meiner Sänfte zu Jesus bringen, und was soll ich sagen? Er hat mich geheilt! Seitdem war für mich klar: Ich unterstütze Jesus finanziell und begleite ihn, wie die Anderen.“

„Und du, Susanna, warum bist du Jesu Jüngerin geworden?“ – „Ich war auch sehr krank. Freunde haben mich zu Jesus gebracht. Er fragte mich, ob ich ihm vertraue. Ich kannte ihn doch gar nicht, was sollte ich also sagen? Und dann schaute ich ihm in die Augen, und er mir – und dann verlor ich mich in seinen Augen, in diese Tiefe, die mich auffing mit meiner Trauer und meinen Schmerzen. Ja, sagte ich ihm, ich vertraue dir. Im Leben und im Tod. Was du tust, das ist gut. Und dann war ich wieder gesund. Dafür habe ich ihm mein Leben geweiht und folge ihm, wohin er geht, und wohin er mich noch führen wird.“

Auch Salome, Maria, die Mutter des Joses und weitere Jüngerinnen erzählen ihre Geschichten. Eine von ihnen, die in flagranti beim Ehebruch erwischt wurde und nach dem jüdischen Gesetz gesteinigt werden sollte, wurde von Jesus geschützt. Er beschämte die anklagenden Frommen, indem er ihnen ihre eigenen Sünden vor Augen hielt. – Die Frauen im Tempel, die ihnen zuhören, können kaum glauben, dass Jesus die Frauen gleichberechtigt in die Reihe der Jünger aufgenommen hatte.

„Eine ganz besondere Ehre hat Jesus uns dann noch zuteil werden lassen: Wir sind die ersten Zeugen der Auferstehung. Stellt euch vor: Frauen als Zeuginnen, als verlässliche und gleichwertige Gewährsleute! Kronzeuginnen! So hat Jesus uns stark gemacht.“ – „Und ihr Männer, das habt ihr zugelassen?“ – „Nun ja, wir wollten es zunächst nicht wirklich glauben, doch was blieb uns anderes übrig? Die Frauen hatten Recht, und Jesus hat ihnen dieses Recht zugesprochen und geschenkt. Da wir Jesus ganz und gar nachfolgen wollen und nach seinem Willen leben, unterstützen wir unsere Mitstreiterinnen, wo es nur geht, mit all unserer Kraft.“

„Kraft ist richtige Stichwort“, meldet sich jetzt auch Maria, die Mutter Jesu, zu Wort. „Auch ich als Älteste unter euch kann euch bestätigen, dass mein Sohn ein Mensch war, vom Geist Gottes beseelt, der allen Leuten, denen er begegnete, Kraft gegeben hat. Und dass er die Frauen auserwählt hat, zeigt, dass sie im Reich Gottes eine wichtige, eine kraftvolle Rolle spielen. Frauenpower sozusagen.“

„Dann dürfen wir auch dabei sein?“ fragen einige der jungen Frauen, die neu in diesem Kreis sind. Dass sich ihr Leben derart ändern wird, haben sie nie zu hoffen gewagt. Doch nun entscheiden sie sich, all ihr Können und ihre Kraft für das Reich Gottes einzusetzen. „Ihr werdet Kraft bekommen“, hat Jesus vor seinem Weggang noch gesagt. Nun wird es auch für die Frauen wahr. Echte Frauenpower also!