„Am Aschermittwoch ist alles vorbei …“, so hat Jupp Schmitz einst gedichtet. Nun ja, zum Glück nicht alles; denn heute beginnt die Passionszeit. Diese Wochen sind eine Zeit des Übergang vom Winter zum Frühjahr, vom Lockdown zur stufenweisen Öffnung des regulären Lebens, der winterlichen Zurückgezogenheit zur wärmeren Lebendigkeit.
Den Auftakt zu dieser Übergangszeit gestaltet unser Freund Egbert Naujoks mit einem außergewöhnlichen Thema:
Dem einen oder andren mag das Thema meiner kleinen Betrachtungen, nämlich die „Sieben Todsünden“, abstrus und mittelalterlich vorkommen. In der Tat spricht heute so gut wie keiner mehr von den Sieben Todsünden, noch nicht einmal der römische Katechismus. Die Sünden lauteten: Stolz – Neid – Zorn – Trägheit – Geiz – Völlerei – Wollust. Und die damit verbundenen Höllenstrafen und Verdammungsurteile passen auf keinen Fall mehr in unser religiöses Sprechen.
Aber auf der anderen Seite kann es durchaus bedenkenswert und erhellend sein, einmal der eigentlichen Bedeutung dieser zuerst von Papst Gregor dem Großen um 6oo herausgestellten Todsünden nachzusinnen und Berührungspunkte zu uns heutigen Christen aufzuzeigen. Dabei greife ich nur vier der traditionellen Todsünden heraus.
Heute soll die „Völlerei“ betrachtet werden.
Allein das Wort wirkt schon altmodisch. Man denkt an Trink- und Essgelage des Mittelalters, unmäßiges Hineinschlingen üppiger Speisen. Kommt uns dann ein warmes oder kaltes Büffet in den Sinn, nähern wir uns bereits der Gegenwart. Manchmal laden wir uns gierig den Teller voll, um ihn später, nur zum Teil geleert, zurückzugeben. Und manchmal sind wir gefüllt, abgefüllt mit Alkohol, nicht um uns zu entspannen, sondern um uns zu betäuben.
Genuss als solcher ist ja nichts Verwerfliches, nur wird er von manchen bisweilen ins Maßlose gesteigert. Es gibt aber heute auch eine Völlerei, von der Papst Gregor noch nichts wissen konnte: Eine Art Volllaufenlassen, nicht durch den Mund, sondern durchs Ohr und durchs Auge: Wie viele Informationen – gerade in Zeiten der Pandemie – verdauen wir täglich, was strömt auf uns ein an Wissensflut, an täglich wechselnden Expertenmeinungen, immer öfter aber auch an „Wissensmüll“?
Und manche betreiben Völlerei, weil sie innerlich leer sind, lassen sich im „Lockdown“ volllaufen mit Actionfilmen, Talkshows, Videospielen etc. Da bildet der Computer oder das Fernsehen einen Ersatzgott, einen Götzen: Die Medien als goldenes Kalb, dem mehr Aufmerksamkeit zukommt als dem Mitmenschen. Täglich opfern viele diesem Gott Stunden der Verehrung. Vielleicht kommen dann irgendwann die Fragen, die in einem Kirchenlied gestellt werden: „So viele Geräusche, welches ist wichtig? So viele Parolen, welche ist richtig?“
Was hilft gegen diese Völlerei? – Eine Abmagerungskur der Sinne, eine Verweigerung der Medienaufnahme, zumindest ein Medienfasten, ein Leerfegen des inneren Bildschirms, damit in dieser Leere wieder Platz ist für Jesus und sein Wirken in uns, das uns zur Umkehr führt. Völlerei, abgefüllt sein mit sinnlosen Bildern, oder erfüllt sein von Jesus Christus: Das ist die Alternative!
18. Februar 2021
Heute ist 474. Todestag Martin Luthers.
Luther entdeckte eine völlig vergessene Auslegung über die Bedeutung des Todes Jesu wieder neu. Ich möchte Luther heute selber zu Wort kommen lassen und einige Zitate aus dem „Sermon von der Betrachtung des heiligen Leidens Christi“ vom März 1519 mit eigenen Gedanken zusammen skizzieren:
Einleitung des Sermons: Christi Leiden wird nicht verstanden ohne Anwendung auf uns selbst.
Luther schaut sich in der kirchlich-christlichen Szene um, beobachtet die Menschen und analysiert, was ihm dabei auffällt: Das Betrachten der Bosheit der Juden und des Judas ist ganz wertlos. Menschen schauen immer auf die Anderen und auf deren Fehler, um von sich selber abzulenken. So sind sie es auch sonst gewohnt, über andere Leute zu klagen und ihre Widersacher zu verurteilen und zu beschimpfen.
Immer dieselbe alte Leier: ICH bin nicht schuld, der/die da ist schuld! Beim Leiden Christi müssen wir uns als die Schuldigen erkennen.
Doch das reicht Luther nicht, um Jesu Leiden umfassend zu verstehen. Das ist für ihn nur ein erstes Erschrecken bzw. Wachwerden: An Christi Leiden darf das erschrockene Gewissen sich trösten. Dann sollte und darf man achtgeben, dass die Sünden nicht dergestalt im Gewissen bleiben; es würde gewiss lauter Verzweiflung daraus. Sondern … man muss sie wieder auf Christus schütten und das Gewissen davon entledigen.
Da hat unser Reformator doch schon 500 Jahre vor dem Aufkommen der Coachings ein Wesentliches formuliert: Wenn Du immer in Deine Vergangenheit schaust, immer wieder das Negative, das Dir widerfahren ist, aufwärmst und hochkochst, dann wirst Du schwerlich in ein freies, fröhliches und friedliches Leben finden. Lass Deine Vergangenheit los, schaue in die Zukunft und gestalte aus diesem positiven Blick Deine erfüllte Gegenwart. So kann Christi Leiden … Vorbild und Kraft des neuen Lebens werden.
Denn die Betrachtung von Christi Leiden stärkt gegen alle Anfechtungen. Damit hat Luther mit der Passion direkt die Auferstehung Jesu im Blick.
Luther hat den Menschen damals nahe gebracht, dass das Leiden Christi kein bequemes Ruheposter ist, auf dem ich mich räkeln kann und sagen: Hurra! Es ist ja eh schon alles vollbracht! Ich brauche nichts mehr zu tun!
Das Haben oder Tun äußerer Dinge macht die Seele nicht frei, schrieb Luther ein Jahr später in seinem Traktat „Von der Freiheit eines Christenmenschen“. Um die Passion Christi allein zu wissen, bringt gar keinen Gewinn. Es heißt im Sprichwort: „Wissen ist Macht“, doch das stimmt nicht; denn nur angewandtes Wissen ist Macht. Deshalb ein letzter Gedanke mit Luther:
Allein der Glaube gibt der Seele Freiheit. Wenn sie aber das Wort (Gottes) hat, so braucht sie auch nichts anderes mehr, sondern sie hat an dem Wort Genüge, Speise, Freude, Frieden, Licht, Tüchtigkeit, Gerechtigkeit, Wahrheit, Weisheit, Freiheit und alles Gute überschwänglich.
19. Febrauar
Matthäus 26, 3-5:
Etwa um die gleiche Zeit versammelten sich die führenden Priester und die Ältesten des jüdischen Volkes im Palast des Hohenpriesters Kajafas und berieten miteinander, zu welcher List sie greifen könnten, um Jesus festzunehmen und dann umzubringen. »Auf keinen Fall darf es während des Festes geschehen«, sagten sie, »sonst gibt es einen Aufruhr im Volk.«
Immer das Gleiche, es gibt doch nichts Neues unter der Sonne.
Da gibt es einen, der mit seinem Tun und seinem Reden den Mainstream durchkreuzt, der einfach mal querdenkt, querredet und querhandelt – und da kommen direkt die führenden Leute, die sich selbst für hoch erachten, und wollen den Andersdenkenden zum Schweigen bringen.
Offen angreifen? Das geht nicht; denn der hat zu viele Leute hinter sich, vor allem die aus dem einfachen Volk. Und wer weiß? Vielleicht werden die ja sofort handgreiflich? Das wollen wir besseren Leute ja vermeiden. Es soll bloß Nichts unsere weiße Weste beschmutzen. Das muss anders gehen.
Und so ersinnen sie eine List, um ihren Plan doch noch gelingen zu lassen.
In Diktaturen sieht das anders aus.
Da werden Menschen, die anders denken, reden und handeln als der Mainstream, offen angefeindet und weggemobbt. Oder ins Gefängnis geworfen. Da nimmt man keine Rücksicht darauf, was Andere denken. Es gibt nur eine Meinung, der alle zu folgen haben. Man schaue sich nur in der Welt von heute um. Das passiert auch noch im 21. Jahrhundert.
Ich dachte damals in den 90er Jahren, in meiner jugendlichen Naivität, dass die Welt sich zum Besseren ändert: Kriege werden aufhören, der Fortschritt wird dem Wohl der Menschen dienen, die Verständigung unter den Völkern wird allen Frieden und Freiheit bringen, …
Nun ja, das ist so nicht gekommen. Es werden immer wieder neue Generationen von Ignoranten und Unfriedensstiftern geboren. Die Ellenbogengesellschaft tut das Ihre noch dazu.
Pass auf, spüre in Dich hinein, zu welchen Menschen Du gehörst: Gehörst Du zu denen, die mit List Andere zum Schweigen bringen wollen? Oder gehörst Du zu denen, die einfach nur im Mainstream mitschwimmen und ihren Mund halten, egal, was passiert? Oder gehörst Du zu denen, die offen ihre Meinung vertreten und dazu stehen, egal, ob es den Anderen passt oder nicht?
Pass auf Dich auf und versuche mit Allem, was Du denkst, tust und redest, dem Frieden und der Freiheit zu dienen!
20. Februar
Matthäus 26, 6-9
Als Jesus in Bethanien im Haus Simons des Aussätzigen war, kam eine Frau mit einem Alabastergefäß voll kostbarem Salböl zu ihm, als er bei Tisch war, und goss es über sein Haupt. Die Jünger wurden unwillig, als sie das sahen, und sagten: „Wozu diese Verschwendung? Man hätte das Öl teuer verkaufen und das Geld den Armen geben können.“
O diese Gutmenschen! Schade, dass dieser Begriff inzwischen negativ besetzt ist, wie so viele andere Begriffe in ihrem Ursprung auch. Und das nur, weil es eine kleine Minderheit gibt, die der Mehrheit Political Correctness aufoktroyiert (auch das „politisch Korrekte“ war mal positiv gedacht).
Man sollte die Dinge immer von mehreren Seiten aus betrachten (also „querdenken“): Ist der Kaufpreis von 1,5 Mio € (weitere 500.000 € für Umbauten und Transport, weitere Kosten für jeden Einsatz) für ein Flüchtlingsschiff im Mittelmeer gerechtfertigt, oder nicht? „Humanität nicht nur im Mund führen“ und „Seenotrettung nicht Kirchenauftrag“ sind nur zwei der Argumente pro und contra. Jede und jeder findet noch mehr Argumente für die eigene Position.
„Man hätte das kostbare Salböl teuer verkaufen und das Geld den Armen geben können“ ist ein schlagkräftiges Argument der Jünger Jesu, als die unbenannte Frau Jesus salbt. Klar, ein Jahreslohn eines normalen Arbeiters damals ist schon eine Menge Geld. So viel Gutes! Weniger verhungerte Kinder! Mehr Hygiene! Besseres Essen! Höhere Arbeitsqualitätsstandards! …
Wie entscheidet Jesus? Wie entscheidest Du?
21. Februar
Matthäus 26, 10-13
Jesus bemerkte ihren Unwillen und sagte zu ihnen: „Warum lasst ihr die Frau nicht in Ruhe? Sie hat ein gutes Werk an mir getan. Denn die Armen habt ihr immer bei euch, mich aber habt ihr nicht immer. Als sie das Öl über mich goss, hat sie meinen Leib für das Begräbnis gesalbt. Amen, ich sage euch: Auf der ganzen Welt, wo dieses Evangelium verkündet wird, wird man auch erzählen, was sie getan hat, zu ihrem Gedächtnis.“
Manchmal sind Leute ganz leicht zu durchschauen. Ich erinnere mich an eine „Wilsberg“-Folge, in der Ecki versuchte zu pokern. Dass er haushoch verloren hat und von den Mitspielern total ausgenommen wurde, lag daran, dass man ihm jede Gefühlsregung und jeden Gedanken im Gesicht ablesen konnte.
Manchmal sind Leute überhaupt nicht zu durchschauen. Eine ganze Zeit lang können sie sich verstellen, und Du fasst Vertrauen. Wenn Du dann etwas anvertraust, wird es gegen Dich verwendet. Das tut weh und Du bist um eine Erfahrung reicher. Schade, auf solche Erfahrung kann man gut und gerne verzichten.
Die Jünger Jesu zeigen sich von ihrer moralisch besten Seite, argumentieren mit einem hohen humanitären Potential. Doch in Wirklichkeit brauchen sie eine vermeintlich schwache Person, um diese abzukanzeln und selber in einem besseren Licht dazustehen. So verstellen sie sich und ihre eigentliche Intention.
Jesus bezieht Partei für einen Menschen, der in seiner ganzen Liebe, Aufmerksamkeit und Achtsamkeit einem anderen Menschen gegenüber verschwenderisch agiert. Diese Frau tut auch Gutes. Es gibt nicht nur eine Definition von Gutem, und alles Andere ist schlecht. Es gibt auch anderes Gutes. Geld für Jesus und die Sache Jesu an sich auszugeben ist auch gut. Denn das Eine geht ohne das Andere nicht.
Vernachlässigen wir die kleinen zwischenmenschlichen Liebesdienste, dann brauchen wir auch in Vordergründigem nicht groß zu tun und zu reden. Solche Leute sind Schaumschläger, mehr Schein als Sein.
Jesus argumentiert nicht für das Eine und gegen das Andere, sondern er erinnert uns daran, beides zu sehen: die kleine und die große Geste. „Wie im Innen, so im Außen“ ist eine Form des Resonanzgesetzes.
Schau in Dich hinein: Wie im Innen, so im Außen. Wie im Außen, so im Innen. Wes Geistes Kind bist Du?
22. Februar
Matthäus 26, 14-16
Da ging einer von den Zwölfen, mit Namen Judas Iskariot, zu den Hohenpriestern und sprach: Was wollt ihr mir geben, so dass ich ihn euch ausliefern werde? Sie aber zahlten ihm dreißig Silberstücke aus. Und von da an suchte er eine günstige Gelegenheit, dass er ihn ausliefere.
Jetzt wird schon das 2. Mal über Geld gesprochen, und das innerhalb von sechs Versen. Die unbenannte Frau hat ein Salböl bei sich, das 300 Silbergroschen kostet (so in Johannes 12, 5). So viel ist Jesus ihr wert.
Judas verkauft Jesus für 30 Silberlinge. So viel ist Jesus ihm wert.
Man kann zwar nicht davon ausgehen, dass die 30 Silberlinge ein Zehntel von 300 Silbergroschen sind (vgl. Ulrich Luz, EKK I/4, S. 70ff.), doch ist auf jeden Fall der Vergleich zulässig, für welchen Zweck das Geld jeweils aufgewendet wurde.
Da ist auf der einen Seite eine Frau, die in ihrer ganzen Liebe ein kleines Vermögen aufbringt und ausgibt (verschwendet!), auf der anderen Seite einer der Vertrauten Jesu aus dem engsten Freundeskreis, der Geld annimmt, um endlich Fakten zu schaffen, damit das revolutionäre Werk Jesu vermeintlich zu Ende geführt wird. Denn Jesus schien Judas wohl zu sanft, zu inkonsequent.
Eine gibt, einer nimmt. „Geben ist seliger, als nehmen.“ So steht es in der Apostelgeschichte 20, 35. Wer gibt, der lebt glücklicher. Das ist inzwischen auch wissenschaftlich belegt (Wissenschaft belegt: Geben ist seliger als nehmen (theology.de).
Auf welcher Seite stehst Du? Welche Werte sind Dir wertvoll?
23. Februar
Matthäus 26, 17-19
Am ersten Tag des Festes der ungesäuerten Brote kamen die Jünger zu Jesus und fragten: »Wo sollen wir für dich das Passahmahl vorbereiten?«
Jesus schickte sie zu einem bestimmten Mann in die Stadt und gab ihnen den Auftrag: »Geht zu ihm hin und teilt ihm mit, dass die Zeit für euren Lehrer gekommen ist. Sagt ihm, dass ich in seinem Haus mit meinen Jüngern das Passahmahl feiern will.«
Die Jünger taten, was Jesus ihnen befohlen hatte, und bereiteten alles vor.
Die Zeit ist reif. Für Jesus damals. Für uns heute.
Die Zeit ist reif für Veränderungen. Für Jesus damals. Für uns heute.
Was gereift ist, hat eine lange Phase des Wachstums hinter sich. In dieser Zeit des Wachsens und Reifens (ich denke da an die Früchte in meinem Garten) gibt es Einiges, das von den Vögeln, Schnecken oder anderem Getier weggefressen wird. Es war fast reif, es schmeckte also schon, aber es konnte von mir nicht geerntet werden.
In dieser Zeit gibt es Einiges, das nicht weiter wächst, einfach vertrocknet und auf den Boden fällt. Auch das konnte ich nicht ernten.
In dieser Zeit gibt es ebenso Einiges, das fault und schimmelt. Es hängt noch am Strauch oder Baum, aber es ist ungenießbar und muss entsorgt werden. Auch das konnte ich nicht ernten.
Und dann gibt es das, was zur Reife gekommen ist. Voller guter Inhaltsstoffe hängt es da griffbereit für mich am Strauch und will geerntet werden. Nun gilt es den Wettlauf mit Anderen zu gewinnen und selber zu ernten, bevor Andere kommen und ernten. Und wenn ich es geerntet habe, dann genieße ich es.
Jesus wusste, dass seine Zeit gekommen ist. Jetzt steht die Veränderung an; denn das, was Jesus gesät hat, kann von den Jüngerinnen und Jüngern geerntet werden – auch wenn sie es selbst noch nicht wissen. Sie werden es merken, sie haben es gemerkt und geerntet. Die Anderen haben Jesu Sache nicht zu Fall bringen können.
Wie sieht es mit Deinen Veränderungen aus? Sind auch sie reif, oder brauchen sie noch etwas Zeit? Verpasse nicht die Zeit der Ernte. Und dann mache etwas daraus!
24. Februar
In unserer zweiten Betrachtung geht es um die Todsünde der Trägheit.
Man könnte sicherlich in Abwandlung eines alten Schlagers fragen: Kann denn Trägheit Sünde sein? Wenn wir darunter eine wohlverdiente Trägheit z. B. am Wochenende oder ein erholsames Faulenzen im Urlaub verstehen, sicherlich nicht.
Aber es gibt eine andere Trägheit, die gefährlich ist: eine Trägheit des Herzens, die – so Thomas von Aquin – den Menschen niederdrückt, so dass er völlig von guten Taten weggezogen wird. Es wird also aus Trägheit versäumt, das Richtige zu beginnen.
Wir kennen alle solche Momente, ja vielleicht längere Phasen, besonders jetzt in der Zeit des erstarrten gemeinschaftlichen Lebens, wenn wir uns sagen: Es hat ja doch alles keinen Zweck, es ist sinnlos, wenn ich mich engagiere. Man lässt sich hängen, und noch schlimmer, man lässt andere hängen, wie die schlafenden Jünger am Ölberg: Konntest du nicht eine Stunde mit mir wach sein? – Wie schon gesagt: auch wir haben unsere trägen Stunden und Tage, wissen – gerade in diesen Monaten – um Trägheit, die uns lähmt. Aber wir sollten uns als Christen nicht davon überwältigen lassen!
Das Wort „träge“ hat ursprünglich auch etwas mit dem Wort „Trauer“ zu tun. Wer trauert oder traurig ist, kann seinen Mitmenschen nur mit halbem Herzen helfen, geschweige denn ihnen Mut machen. Das ist aber unsere christliche Aufgabe: den Menschen die frohe Botschaft vom Auferstandenen zu verkünden.
Möge uns in dieser schwierigen Zeit Gott wieder herausziehen aus dem Verlies unserer Traurigkeit, aus dem Grab unserer lähmenden Trägheit, so wie er seinen Sohn aus dem Tod gerissen hat, der uns verspricht: Amen, ich sage euch: ihr werdet bekümmert sein, aber euer Kummer wird sich in Freude verwandeln.
Egbert Naujoks
25. Februar
Matthäus 26, 19+20
Und die Jünger taten, wie Jesus es ihnen befohlen hatte, und bereiteten das Passalamm. Und am Abend setzte er sich zu Tisch mit den Zwölfen.
Jesus befiehlt – die Jünger befolgen. Sie bereiten das Passalamm.
Passa: Hebräisch Pessach, ins Deutsche übersetzt: vorbeigehen, verschonen. Das Fest erinnert an den Exodus der Hebräer aus der Sklaverei in Ägypten, bei der die Ägypter schwer geschlagen, die Hebräer jedoch verschont wurden. Und dann ging es in die Freiheit! Pessach – das Fest der Freiheit.
Die Freiheit wird gefeiert. Das tut Jesus ein letztes Mal vor seinem Tod. Er feiert die Freiheit, obwohl er kurz danach gefangen genommen wird.
Die Jünger befolgen die Befehle Jesu. Da tun eigentlich nur Sklaven. Und doch bereiten sie Alles für das Feiern des Freiheitsfestes vor.
Befehlen gehorchen und Freiheit – das schließt sich doch gegenseitig aus! Gefangen genommen werden und Freiheit ebenso. Stecken wir da in einem Dilemma fest?
Ich möchte es auflösen; denn eines ist wichtig: Meine Freiheit endet da, wo sie die Freiheit eines Anderen einschränkt. Nur so ist jedem Menschen größtmögliche Freiheit garantiert. So kann ich auch einmal Anordnungen befolgen und mir dann darin die größtmöglichen Freiheiten nehmen, um das Bearbeiten dieser Aufgaben verwirklichen zu können. Das führt zu großer innerer Freiheit und Gelassenheit. Dann befolge ich keine Befehle mehr, sondern erfülle meine Aufgabe mit Freude.
Auch Jesus tut das. Seine Aufgabe, für die er geboren wurde, ist die Erlösung aller Menschen aus ihren schuldhaften Verstrickungen. Wer das glaubt und annimmt, der ist befreit, auch wenn er in Sklaverei lebt. Das bezeugen viele Christen, die in Verfolgungssituationen leben.
Gefangenschaft, Verfolgung und Freiheit müssen sich nicht ausschließen. Das Pessachfest erinnert uns daran, dass Freiheit Verschonung bedeutet. Und die kann für jede und jeden anders aussehen.
26. Februar
Matthäus 26, 21+22
Und als sie aßen, sprach er: „Wahrlich, ich sage euch: Einer unter euch wird mich verraten.“ Und sie wurden sehr betrübt und fingen an, jeder einzeln zu ihm zu sagen: „Herr, bin ich’s?“
Verrat! Was gibt es Schlimmeres im zwischenmenschlichen Miteinander, als Vertrauen zu missbrauchen und jemanden zu verraten?
Zu Zwölft sitzen sie um ihren Herrn und Meister, feiern das Pessachmahl, und dann kommt wie aus heiterem Himmel die Aussage, dass ein Verräter unter ihnen sitzt. Warum sagt Jesus das? Kann er nicht dieses Abendessen in Ruhe zu Ende gehen lassen? Muss er es in einem emotionalen Chaos enden lassen?
Dass die Jünger betrübt werden, ist nicht verwunderlich. Gerade eben war es noch so schön, und jetzt … jetzt ist der Wurm drin.
Spannend jedoch ist, dass jeder Einzelne Jesus anschaut und ihn fragt: „Herr, bin ich’s?“ – Wie wenig Zutrauen zu sich selbst hat jeder Jünger? Sie sind doch drei Jahre zusammen mit ihm unterwegs gewesen, haben viele Höhen und etliche Tiefen miteinander durchgestanden, kennen sich und ihre eigene Einstellung zu Jesus, wissen um ihre Intention, Jesus nachzufolgen. Und dann fragt jeder sich selbst: „Bin ich es, der dich verrät?“ Ja, mehr noch: „Bin ich dazu in der Lage? Ja, das bin ich wohl; denn sonst käme mir der Gedanke nicht einmal im Traume.“
Wie viel Selbstzweifel muss in diesen Männern stecken! Oder sind sie einfach nur realistisch und denken: Nun ja, könnte ja sein, dass ich so etwas mache.
Was ist in einer solchen Situation realistisch? Was muss passieren, damit es so weit kommen kann? Wie steht es um die psychische Verfassung jedes Einzelnen?
Nur einer sitzt dabei, der genau weiß, dass er es schon getan bzw. eingeleitet hat. Er hält sich dezent zurück, lässt die Anderen erst einmal ihre Selbstzweifel äußern. Darin kann er sich gut verstecken. – Und dann schlägt er zu …
27. Februar
Matthäus 26, 23+24
Er antwortete und sprach: „… Der Menschensohn geht zwar dahin, wie von ihm geschrieben steht; doch weh dem Menschen, durch den der Menschensohn verraten wird! Es wäre für diesen Menschen besser, wenn er nie geboren wäre.“
Noch einmal: Verrat! Was gibt es Schlimmeres im zwischenmenschlichen Miteinander, als Vertrauen zu missbrauchen und jemanden zu verraten?
Neben allen Selbstzweifeln, die in Extremsituationen plötzlich im Kopf und in den Emotionen auftauchen, steht die Tatsache, dass Verrat tatsächlich noch mehr bedeutet.
Ich gehe auf eine zweite Ebene, auf die Metaebene. Genau die ist es, auf die Jesus jetzt im Gespräch auch geht. Wie der Verrat für den Verratenen ausgeht, wie er auf die wirkt, die eingebunden sind, das ist die Objektebene. Jesus geht eine Stufe weiter, auf eine höhere Ebene des persönlichen Abstands, und fällt ein vernichtendes Urteil: „Es wäre für den Verräter besser, wenn er nie geboren wäre.“ Das ist hart, ein wahrhaft vernichtendes Urteil.
Es ist vollkommen egal, aus welchen Motiven der Verräter handelt. Es können noch so hehre Ziele sein – Verrat bleibt Verrat.
Es ist auch vollkommen egal, ob es ohne diesen Verrat genauso ausgegangen wäre (in diesem Fall: Jesus war eh dem Tode preisgegeben, mit oder ohne Judas) – Verrat bleibt Verrat.
Und für den Verräter wäre es besser, wenn er nie geboren wäre.
Ist das eine Verdammung für alle Ewigkeit? „Just don’t say I’m damned for all time …“, singt Judas im Musical „Jesus Christ Superstar“, als er Jesus den Hohenpriestern verrät.
Das ist meine große christliche Hoffnung, dass einem Menschen, der Hochverrat begeht, bei dem jemand Anderes zu Tode kommt, trotzdem Vergebung bei Gott bekommen kann.
Judas wollte alles rückgängig machen. Er lief zu den Hohenpriestern, er wollte ihnen sogar die 30 Silberlinge zurück geben – er wollte alles auf Null setzen. Doch das gelang ihm nicht. Judas verzweifelte über seine Tat und erhängte sich. Diese Reue, diese Verzweiflung, und wahrscheinlich Gebete um Vergebung sind für mich der Grund der großen christlichen Hoffnung auf Vergebung, so dass selbst ein Judas nicht bis in alle Ewigkeit verdammt ist.
Trotzdem bleibt das Jesuswort gültig: „Es wäre besser, wenn er nie geboren wäre.“ Denn dann wäre ihm all das Seelenleid und der Suizid erspart geblieben.
28. Februar
Nach den emotionalen Höhen- und Sturzflügen der ersten 24 Verse des Matthäus-Evangeliums lassen wir heute, am Sonntag, ein wenig Ruhe einkehren mit einem Gastbeitrag unserer Freundin Elga Lappöhn.
Elga Lappöhn
1.März
Matthäus 26, 26
Als sie aber aßen, nahm Jesus das Brot, dankte und brach’s und gab’s den Jüngern und sprach: Nehmet, esset; das ist mein Leib.
Das IST mein Leib, τοῦτό ἐστιν τὸ σῶμά μου. Brot wird tatsächlich zu Leib. Da scheiden sich bei Protestanten und Katholiken die Geister. Das ist und bleibt unüberbrückbar.
Ich erinnere mich an ein ökumenisches Gespräch, bei dem ein katholisches Gemeindeglied uns vorwarf: Ihr Evangelischen glaubt ja nicht an die leibliche Gegenwart Christi in den eucharistischen Elementen.
Als Lutheranerin konnte ich ihm mit einem Zitat Luthers entgegnen: „Christus ist in, mit und unter den Elementen auf eine geheimnisvolle Weise gegenwärtig, die wir nicht verstehen können.“ Das ist meiner Überzeugung nach die beste Auslegung der Aussage Jesu, die wir nur in einer griechischen Fassung vorliegen haben: τοῦτό ἐστιν τὸ σῶμά μου.
Denn Jesus selber sitzt am Tisch und reicht Brot herum und deutet es dann anders. Es war den Jüngern klar, dass es nicht tatsächlich Jesu Leib ist, sondern immer noch Brot – und doch wussten sie, dass Jesus etwas ganz Neues geschaffen hat: Ein Abendmahl, das Elemente zum Einen neu deutet, zum Anderen uns seiner Gegenwart gewiss macht. Wir brauchen kein Hokuspokus, um Jesu Gegenwart im Abendmahl zu erklären. Das Wissen darum, dass er die Gemeinschaft macht, untereinander und mit ihm, genügt.
Dass es darüber Streit geben wird, ja eine Unversöhnlichkeit bis ins 21. Jahrhundert hinein, ist zutiefst unchristlich. Wer an der Transsubstantiation (also der realen Wandlung) festhalten will, der tue es. Wer mit der Realpräsenz („in, mit und unter“) gut leben und glauben kann, der tue es. Wer nur eine Gemeinschaft und ein Gedächtnis feiert, der tue es. Und das alles in Gottes Namen. Und ohne Streit und Unversöhnlichkeit.
Der Abendmahlsstreit ist nur ein Beispiel für Unversöhnlichkeit zwischen Christen, die ja eigentlich zueinander stehen sollten. Gerade im vergangenen Jahr haben sich weitere Streitigkeiten und Polarisationen breit gemacht, die oftmals offene und friedliche Gespräche verhindern.
Ist es das wert? Können wir nicht einfach – in Gottes Namen – uns so stehen lassen, wie wir sind? Ist Frieden und Versöhnung, der Blick auf das Gemeinsame, nicht viel wichtiger, als Streit und Rechthaberei?
2. März
Matthäus 26, 27+28
Und er nahm den Kelch und dankte, gab ihnen den und sprach: „Trinket alle daraus; das ist mein Blut des Bundes, das vergossen wird für Viele zur Vergebung der Sünden.“
In dieser Zeit der Distanz und Isolation werden viele Menschen sensibler für das Thema Verbundenheit. Wie kann man sich trotz Besuchsverbotes miteinander verbinden, trotz Gottesdienst-, Berufs-, Sport-, Kultur- und Freizeitverbotes? Dank der digitalen Technik ist Vieles zum Glück möglich, und wir merken in unseren Zoom-Gottesdiensten, dass es zwar nur eine Krücke ist, aber eine gute und stabile, und immerhin besser als nichts.
Verbunden fühle ich mich mit meinen Freundinnen und Freunden durch Telefonate, Whatsapps, Emails, und was es da noch für Möglichkeiten gibt. Das ist besser als nichts.
Es finden viele Menschen die Verbindung zur Natur wieder. Sie genießen Spaziergänge in Wäldern und Parks, an Ufern und in der Landschaft. Die Luft ist klarer, die Gewässer sauberer, die Vögel zwitschern mehr. Das ist deutlich besser, als im Haus zu bleiben.
Eine Verbundenheit scheint allerdings schon seit längerer Zeit in unserer Gesellschaft immer mehr verloren zu gehen: Die Verbundenheit zu unserem Schöpfer.
Jesus redet bei seinem letzten Abendmahl von dem Blut des Bundes, von SEINEM Blut des Bundes. Jesus schreibt mit seinem Tod, mit dem Vergießen seines Blutes Weltgeschichte; denn er weitet den verengten Bund Gottes wieder auf.
Galt der Bund Gottes in der Schöpfung und nach der Sintflut allen Menschen, so wurde er mit der Erwählung des Volkes Israel eingeengt. Wer nicht zu Israel gehört, der wird in den biblischen Schriften als „Heide“ bezeichnet. Und nun tritt Jesus in die Geschichte ein und weitet Gottes Bund wieder aus.
In diesen Bund darf eintreten, wer es gerne möchte. Die Bundesversprechen sind auf Gottes/Jesu Seite die Vergebung der Sünden und auf unserer Seite der Glaube. Mehr nicht. Und auch nicht weniger!
Denn die Vergebung der Sünden meint auch ein inneres Freiwerden von Schuldgefühlen, von Selbstvorwürfen und Selbstzweifeln. Dafür hat Jesus gelebt, dafür ist er gestorben. Das gilt: Ein für alle Mal!
Stellst Du Dich dem Wagnis, diese neue Verbundenheit einzugehen? Der Eintritt kostet nur den Glauben, nicht mehr und auch nicht weniger.
3. März
Mit der Todsünde des Zorns verhält es sich ähnlich wie mit der Trägheit, die wir im letzten Text betrachtet haben.
Es gibt sozusagen zwei Seiten des Zorns: Wenn wir zornig werden, weil wir Intoleranz, Lüge, Dummheit in der Welt und bei uns selber entdecken, ist dies sicher nicht zu verurteilen; denn – wie der Schriftsteller Bertolt Brecht sagt – wer nicht fähig ist, über Andern angetanes Unrecht zornig zu werden, der wird nicht kämpfen können. Jesus selbst wird zornig über die Hartherzigkeit der Pharisäer, als er am Sabbat einen Menschen heilen wollte. Wenn aus solchem Zorn Einsatz für Gerechtigkeit erwächst, kann das nur gut sein.
Die andere Seite unserer heutigen Todsünde aber führt zu „Wut und Bitterkeit“, wie wir im Epheserbrief lesen.
Da sieht so mancher Rot, wenn er zornig wird: Es wird gepöbelt, beleidigt und verletzt, auf der Straße und besonders in den „sozialen“ Medien. Und – so eine Volksweisheit – „dem Zorn geht die Reue auf den Socken nach.“ Was wir einmal wütend und unkontrolliert unseren Mitmenschen entgegengeschleudert haben, lässt sich oft nur schwer wiedergutmachen. Was geschieht, wenn Zorn zu Gewalt wird, davon künden uns die Nachrichten jeden Tag genug.
Wir sollten uns in dieser Zeit einmal wieder bemühen, unser Verhältnis zum Gefühl des Zorns zu überdenken: Ist mein Zorn berechtigt? Ist es für mich und andere ratsam, im Zorn zu sprechen und zu handeln? Sorge ich mich darum, dass „die Sonne über meinem Zorn nicht untergeht“ (Eph. 4,26)?
Und noch eines: Bevor ich meine Wut an Anderen auslasse, sollte ich stets bedenken, dass – vor dem Angesicht Gottes – ich es bin, „der Zorn verdienet hat“ (Paul Gerhardt). Dieser Gedanke sollte uns bescheidener, demütiger machen.
Egbert Naujoks
5. März
Matthäus 26, 33-35
Da beteuerte Petrus: »Wenn auch alle anderen dich verlassen – ich halte auf jeden Fall zu dir!« Doch Jesus erwiderte ihm: »Ich versichere dir: In dieser Nacht, noch ehe der Hahn kräht, wirst du dreimal geleugnet haben, mich zu kennen.« »Auch wenn es bedeutet, dass ich mit dir sterben muss, werde ich das niemals tun!«, rief Petrus. Alle anderen Jünger beteuerten dies ebenfalls.
Pass darauf auf, was Du versprichst!
Bist Du auch so ein „Petrus“, der mit seinem Mund immer gleich ganz vorne ist, erst einmal redet, bevor er nachdenkt?
Ich habe einmal jemanden kennengelernt, die schon gesprochen und geantwortet hat, noch bevor die andere Person ausgeredet hatte. Kaum einem Anderen ließ sie Raum, auch etwas zu sagen. Darauf angesprochen, meinte sie nur knapp und schnippisch: „Tja, wir Schnelldenker sind da halt ganz fix.“
Nun ja, Schnelldenker nenne ich solche Menschen nicht; denn Schnelldenker denken, ehe sie reden. Das sind wohl eher die Schnellschwätzer. Sie können schnell in eine solche Falle geraten, wie die in dem heutigen Textabschnitt Beschriebene. Immer schnell mit dem Mund vorne, und mit dem Hirn hinterher.
Gehörst Du auch zu den Schwätzern und Schwaflern?
Oder bist Du eher jemand, der/die genau zuhört, nachdenkt, und dann erst redet?
6. März
Matthäus 26, 36
Dann ging Jesus mit seinen Jüngern in einen Garten am Ölberg, der Gethsemane heißt. Dort bat er sie: »Setzt euch hier hin und wartet auf mich! Ich will ein Stück weiter gehen und beten.«
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7. März
Matthäus 26, 37-39
Und Jesus nahm mit sich Petrus und die zwei Söhne des Zebedäus, Jakobus und Johannes, und fing an zu trauern und zu zagen. Da sprach Jesus zu ihnen: „Meine Seele ist betrübt bis an den Tod; bleibt hier und wachet mit mir!“ Und er ging ein wenig weiter, fiel nieder auf sein Angesicht und betete.
Von seinen zwölf Auserwählten wählt Jesus noch einmal drei Jünger aus, mit denen er sich besonders verbunden fühlt. Sie sind miteinander vertraut: Petrus, der immer schnell mit dem Mund ist, aber auch mit seinem Tun; Johannes, der „den Jesus liebte“, und sein Bruder Jakobus, beide werden die „Donnersöhne“ genannt. Alle drei gelten als die Säulen der Jerusalemer Gemeinde, die sich nach Jesu Auferstehung gründete.
Drei besondere Männer sind es, von denen Jesus Besonderes fordert und denen er deshalb auch Besonderes zutraut.
Jesus ist zutiefst traurig, und schreckliche Angst quält ihn. Er ist im wahrsten Sinne tottraurig. So haben ihn seine Jünger noch nie gesehen, ist Jesus doch immer der souveräne, starke Rabbi, zu dem sie hochsehen.
Jesus vertraut sich ihnen an und öffnet sich mit seinen tiefsten und heftigsten Gefühlen: betrübt bis in den Tod, schreckliche Angst. Was denken seine drei Freunde? Nehmen sie ihn ernst? Nehmen sie ihn in den Arm? Trösten sie ihn, sind ihm nahe? Wenn keine Worte mehr helfen, dann sind Berührungen das Einzige, das noch Trost und Nähe zusprechen kann.
Wir erfahren, dass Jesus sich noch einmal von ihnen abgewandt hat: „Bleibt hier und wacht mit mir.“ Er geht einige Schritte weiter, fällt quasi auf sein Angesicht – am Boden zerstört – und betet.
Wie können die Freunde jetzt für ihn da sein? Gehen sie noch einmal zu ihm hin, nehmen ihn in ihre Mitte? Beten sie mit ihm?
Wie bist Du für Deine Freunde da, wenn es ihnen schlecht geht?
8. März
Matthäus 26, 39
Jesus ging ein wenig weiter, fiel nieder auf sein Angesicht und betete und sprach: „Mein Vater, ist’s möglich, so gehe dieser Kelch an mir vorüber; doch nicht, wie ich will, sondern wie du willst!“
Jesus, der Rabbi, der Lehrer, weiß nicht weiter. Er ist zutiefst traurig und verzweifelt. Er ist Mensch. Er weiß, er wird sterben, ermordet, ans Kreuz gehängt. Er ist Mensch und er weiß um die Qual und die Schmerzen. Er will leben, wie wir alle leben wollen.
Jesus wendet sich an den himmlischen Vater, an Gott. Er bittet um Aufschub. Sterben kann er immer noch später. Nur nicht jetzt. Bitte!
Jesus weiß, dass Gott einen Plan mit ihm hat. Jesus hat ihn bisher konsequent verfolgt, ihn auch mit seinen Jüngern in den letzten Stunden aktiv durchlebt. Verrat, Verleugnung, Verlassenwerden – alles hat Jesus gewusst und seinen Jüngern weiter gesagt. Er weiß, was passieren wird. Er hat sich darauf eingestellt.
Jesus weiß nicht weiter. Oder doch? Er gibt sich in Gottes Hände und vertraut ihm blind. Was ich will, sagt er ihm, ist zwar wichtig, aber im Endeffekt nicht ausschlaggebend. Nicht, wie ich will, sondern es geschehe, wie du willst, mein himmlischer Vater.
„Und reichst du uns den schweren Kelch, den bittern
des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand.
So nehmen wir ihn dankbar, ohne Zittern
aus deiner guten und geliebten Hand.“
(Dietrich Bonhoeffer, Von guten Mächten)
9. März
Matthäus 26, 40+41
Und er kam zu seinen Jüngern und fand sie schlafend und sprach zu Petrus: „Konntet ihr denn nicht eine Stunde mit mir wachen? Wachet und betet, dass ihr nicht in Anfechtung fallt! Der Geist ist willig; aber das Fleisch ist schwach.“
Jesus hat seine Freunde gebeten: „Bleibt hier und wacht mit mir.“ Dann geht er einige Schritte weiter, fällt quasi auf sein Angesicht – am Boden zerstört – und betet.
Wie können die Freunde jetzt für ihn da sein? Gehen sie noch einmal zu ihm hin, nehmen ihn in ihre Mitte? Beten sie mit ihm? – so habe ich am Sonntag gefragt.
Große Enttäuschung! Keiner der drei Freunde, nicht ein Einziger!, hält es für nötig, mit Jesus zu wachen und zu beten. Keiner! Ja, Jesus ist enttäuscht von seinen Freunden. Aber wahrscheinlich hat er es schon vorher gewusst, dass sie nicht imstande sind, seiner Bitte nachzukommen.
Ja, noch mehr: Jesus entschuldigt ihr Verhalten mit der ganz normalen Menschlichkeit: Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach. Menschen sind nun mal so. Sie reden und versprechen viel, aber halten tun sie es dann nicht.
Obwohl Jesus ihr Unvermögen entschuldigt, heißt er es trotzdem nicht gut. Denn er gibt seinen Jüngern einen Rat mit auf den Weg: „Wacht und betet, auf dass IHR nicht in Anfechtung fallt.“ … in Versuchung geratet … von der Versuchung überfallen werdet … in Versuchung fallt …
Alle möglichen Übersetzungen entlasten den Menschen irgendwie: Wer überfallen wird, kann nichts dafür. Wer irgendwo hineinfällt, tut es nicht absichtlich – er war höchstens unaufmerksam.
Trotz aller Entschuldigungen ist und bleibt da ein Fehlverhalten, das Jesus ermahnt. Und keiner ist davor gefeit. Es kann Dir und mir jederzeit Ähnliches passieren. Darum wache und bete!
10. März
Heute gibt es den letzten der vier Texte von unserem Freund Egbert Naujoks über vier der sieben Todsünden: über den Stolz.
Zwei Schlagzeilen der letzten Wochen: „Durch die Wahl des neuen amerikanischen Präsidenten kann der Nation ihr Stolz zurückgegeben werden“ oder „Wir können stolz sein auf die Leistungen unserer Wissenschaftler bei der Erstellung eines wirksamen Impfstoffes“. –
Diese Art von Stolz hat der hl. Thomas von Aquin natürlich nicht im Sinn, wenn er von der Todsünde „Stolz“ als dem ins Maßlose gesteigerte Streben nach Ehre und Ruhm spricht. Wir merken es: Hier begegnet uns wieder das gleiche Phänomen, wie bei den bereits betrachteten Todsünden Völlerei, Trägheit und Zorn. An sich können diese menschlichen Verhaltensweisen durchaus etwas Gutes bewirken oder in Gang setzen, doch übertrieben werden sie zu zerstörerischen, eben sündigen Mächten.
Warum sollte man nicht stolz sein und ein berechtigtes Selbstwertgefühl haben, wenn man etwas Anerkennenswertes geleistet hat? Wieso sollte man nicht stolz sein dürfen auf jemanden, in den man sein Vertrauen gesetzt hat und der dies durch einen Erfolg bestätigt hat? Auch Paulus kennt dieses anspornende Gefühl des Stolzes auf seine Gemeinden.
Doch da gibt es – wen wundert´s – eben auch den maßlosen Stolz, den Hochmut, der sich über Andere erhebt, der Andere klein macht: Jesus weiß in Bezug auf einen Pharisäer und einen Zöllner im Tempel (Lk. 18) eine Begebenheit davon zu erzählen. Wir schauen dabei auf unsere Mitmenschen herab, bilden uns viel ein auf unsere Frömmigkeit, Moral, unser Wissen usw.
Das Wort „Stolz“ hängt auch mit dem Wort „Stelze“ zusammen: Wir brauchen manchmal wirklich eine „Stelze“, sprich eine Stütze von eingebildeten Vorzügen, um uns von den anderen abzuheben. Was sind wir bisweilen für schwankende Stelzengänger!
Mögen wir wieder neu erkennen, worauf wir wirklich stolz sein können, wessen wir Christen uns in der Tat dankbar rühmen dürfen: der Zugehörigkeit zu dem Gekreuzigten und Auferstandenen.
Und der Auferstandene: Kann er auch stolz sein auf uns?
11. März
Matthäus 26, 45+46
Dann kam Jesus zu den Jüngern und sprach zu ihnen: „Ach, wollt ihr weiter schlafen und ruhen? Siehe, die Stunde ist da, dass der Menschensohn in die Hände der Sünder überantwortet wird. Steht auf, lasst uns gehen! Siehe, er ist da, der mich verrät.“
Jesus betet im Garten Gethsemane, kurz bevor er verhaftet wird. Er bittet seine Jünger, wach zu bleiben und mit ihm zu beten. Doch sie schlafen ein; Jesus weckt sie: einmal, zweimal, dreimal.
Er ermahnt sie, zu beten – nicht für ihn, sondern für sich selber. Denn er möchte sie vor Anfechtungen bewahren. Doch sie schlafen weiter: „Ach, wollt ihr weiter schlafen und ruhen?“ … Habt ihr immer noch nicht begriffen, worum es geht? Es geht hier um Leben und Tod! Und ihr schlaft den Schlaf der angeblich Gerechten. Wie könnt ihr nur?!
Die Stunde der Entscheidung ist da! Der Verräter ist da! Wenn Ihr auch nur irgendein bisschen an Interesse an Jesu Schicksal habt, dann steht auf und geht!
Steh auf und geh; denn das Spektakel des Verräters beginnt!
Was ist Deine Rolle in diesem Ränkespiel?
12. März
Matthäus 26, 47
Noch während Jesus redete, kam Judas, einer der Zwölf, mit einer großen Schar von Männern, die mit Schwertern und Knüppeln bewaffnet waren. Sie waren von den führenden Priestern und den Ältesten des jüdischen Volkes geschickt worden.
Na super! Böses im Schilde führen, aber Andere vorschicken, die die bösen Pläne ausführen. Die führenden Priester und die Ältesten des Volkes sind sich zu schade, oder wollen es nicht öffentlich zeigen, was sie vorhaben. Aber da sind ja die Anderen, die das gerne übernehmen. Denn sie fühlen sich dadurch bedeutend.
Und damit sie noch bedeutender sind, bewaffnen sie sich mit Schwertern und Knüppeln. Einen einzigen, unbewaffneten Menschen wollen sie stellen und festnehmen. Sie fahren ganz schön starke Geschütze dafür auf.
Wahrscheinlich sind sie auch noch mit lautstarken Worten ganz weit vorn. Denn das gehört unbedingt dazu; damit fühlt man sich noch stärker und besser. Und angeführt werden sie von dem, der sich für ganz schlau hält (Da sagte Judas, der Verräter, zu ihm: »Ich bin es doch nicht etwa, Rabbi?« – »Du selbst hast es ausgesprochen«, erwiderte Jesus. Vers 25).
Sie alle werden von den Hintermännern geschickt, die bösen Pläne auszuführen.
Es gibt die Geschickten und die Geschickten. Die Einen sind die, die das ausführen, was höher Gestellte ihnen auftragen. Die Anderen sind die, die selber entscheiden, was sie tun und was sie lassen.
Zu welchen von beiden gehörst Du?
13. März
Matthäus 26, 48
Und der Verräter hatte ihnen ein Zeichen genannt und gesagt: Welchen ich küssen werde, der ist’s; den ergreift.
Vor etlichen Jahren ist mir folgendes tatsächlich passiert:
Das Kollegenteam traf sich zur Sitzung zusammen, vorher etwas Smalltalk, und auch die Frage, wie es meinem Mann denn ginge, er sei doch krank. Ganz fürsorglich zeigten sich die Kollegen.
Fünf Minuten später: „Wie kannst du nur ohne Absprache …! Was hast du dir dabei gedacht …! Du kannst doch nicht …!“ Ich hatte das Gefühl, vor einem Inquisitionsgericht zu sitzen; denn alles, was ich erwiderte, wurde mit einem Handstreich weggewischt.
„Auch du, mein Sohn Brutus?“, konnte Caesar gerade noch seinen engen Vertrauten Brutus fragen, der einer der Mörder Caesars war.
Vertrautheit, Freundschaft und Kollegialität gründen manches Mal nicht tief. Das ist schade; denn worauf sollte man sich sonst verlassen? Trotz meiner Erfahrung damals habe ich mein Vertrauen nicht verloren, obwohl es auch in einem neuen Kollegenteam ab und zu auf die Probe gestellt wird.
Judas verrät Jesus mit einem Kuss, dem Zeichen der höchsten Vertrautheit und des größten Vertrauens. Damit gibt er Jesus dem Tode preis. Ob er da schon wusste, was passieren wird?
Also achte auf das, was Du sagst, was Du tust, und ob Du mit Deinem Verhalten Vertrauen verspielst. Denn es wird eines Tages auf Dich zurückfallen.
14. März
Matthäus 26, 49+50
Und alsbald trat Judas zu Jesus und sprach: „ Sei gegrüßt, Rabbi!“, und küsste ihn. Jesus aber sprach zu ihm: „Mein Freund, dazu bist du gekommen?“ Da traten sie heran und legten Hand an Jesus und ergriffen ihn.
Jesus wird verraten und verkauft. Er weiß, was Judas getan hat, und er weiß, was passieren wird. Und trotzdem sagt Jesus: „Mein Freund“.
Ich weiß ja nicht, wie es Dir geht; aber wenn ich verraten und verkauft worden bin, dann nenne ich diesen Menschen nicht mehr „meinen Freund“. Was für eine tiefe Liebe in diesem Jesus steckt! Egal, was jemand macht: Jesus ist in tiefer Liebe mit ihm verbunden.
Nun gut, es gibt einige wenige Bibelstellen, in denen darüber berichtet wird, dass Jesus zornig und wütend ist, es auch sagt, und bei der Austreibung der Händler im Tempel auch dementsprechend handelt. Doch eines darf dabei nicht vergessen werden: Jesu Zorn schlägt nie in Bitterkeit um, sein Zorn richtet sich nie gegen Schwächere oder gegen Gott, sein Zorn hat den Beweggrund der Wiedereinführung von Recht und Gerechtigkeit. – Das ist auch für uns ein gutes Beispiel!
Jesus ist immer noch in aufrichtiger Liebe mit Judas verbunden; denn er weiß, dass Judas ein Teil des Heilsplans Gottes ist und er den Tod Jesu nie im Blick hatte.
Auch Judas nennt Jesus immer noch seinen „Rabbi“, seinen Meister und Lehrer. Jesus lehrt ihn jetzt, die Konsequenzen dessen zu tragen, was man in seinem Leben sagt und tut. – Ein gutes und wichtiges Beispiel für uns!
15. März
Matthäus 26, 51-54
Und siehe, einer von denen, die bei Jesus waren, streckte die Hand aus und zog sein Schwert und schlug nach dem Knecht des Hohenpriesters und hieb ihm ein Ohr ab. Da sprach Jesus zu ihm: „Stecke dein Schwert an seinen Ort! Denn wer das Schwert nimmt, der wird durchs Schwert umkommen. Oder meinst du, ich könnte meinen Vater nicht bitten, und er würde mir sogleich mehr als zwölf Legionen Engel schicken? Wie würde dann aber die Schrift erfüllt, dass es so geschehen muss?“
Unheilvolles braut sich in dieser Nacht zusammen, und es spitzt sich immer weiter zu. Mit Schwertern und Stangen kommt die Schar von Männern, die Jesus gefangen nehmen will. Ein lügnerischer Kuss verrät ihn. Einer der Jünger Jesu zieht sein Schwert und schlägt damit zu.
Jesus bleibt ruhig, er ist Herr der Lage und schlichtet mit dem Argument, dass Gott größer ist. Alles um ihn herum scheint im Chaos zu versinken. Alle sind in Gewalt verstrickt, Viele werden von Hintermännern geschickt, das Unheilvolle auszuführen. – Unheilvoll für die Geschickten, doch Teil des universellen Heilsplans Gottes: „Wie würde aber sonst die Schrift erfüllt, dass es so geschehen MUSS?“
Jesus weiß, dass aus dem Unheil Heil entsteht. Heil für ihn, der auferstehen wird, und Heil für die Menschen, die nicht in Tod und Sünde bleiben werden.
„Stecke dein Schwert an seinen Ort.“ – Stecke Deine scharfe Zunge, Deinen beißenden Spott, Deine aggressiven und rücksichtslosen Handlungen wieder an ihren Ort, wo sie keinen Schaden anrichten.
Und dann sieh auf den Heilsplan Gottes und werde ein Teil davon.
16. März
Matthäus 26, 55+56
Zu der Stunde sprach Jesus zu der Schar: „Ihr seid ausgezogen wie gegen einen Räuber mit Schwertern und mit Stangen, mich gefangen zu nehmen? Habe ich doch täglich im Tempel gesessen und gelehrt, und ihr habt mich nicht ergriffen. Aber das ist alles geschehen, auf dass erfüllt würden die Schriften der Propheten.“ Da verließen ihn alle Jünger und flohen.
Zack, und weg sind sie! „Und wenn ich mit dir sterben müsste, ich würde dich nie verlassen!“ – Petrusworte. Und die anderen Jünger bestätigten das.
Und nun sind sie weg.
Wir versprechen so viel jeden Tag: uns selber, anderen Menschen, unserer Familie, vielleicht auch Gott. Und was ist? Wir lügen uns selber die Taschen voll. Die gute Absicht ist ja da, aber was ist, wenn es darauf ankommt?!
Wir können uns zugute halten, dass wir ja in bester Absicht reden und versprechen. Tut das jedoch irgendetwas zur Sache? Eher nicht.
Im Entschuldigen sind wir ganz groß. Ändert das etwas am Geschehenen? Eher nicht.
Im Verdrängen sind wir noch größer. „Wie, das habe ich versprochen? Da musst du dich irren.“ Zack, und weg ist die Erinnerung. Nun ja. Uns können wir betrügen. Doch macht es das gebrochene Versprechen besser? Eher nicht.
Wenn wir jemandem etwas versprechen, sollten wir darauf aufpassen, dass wir uns nicht ver-sprechen. Es sollte ein überlegtes Sprechen sein und ein recht-sprechen, gut-sprechen. Denn ver-sprechen kann schnell zum entgegengesetzt-sprechen werden. Und das ist nicht gut. Weder für Dich, noch für den Anderen.
Noch einmal: Achte auf Deine Worte!
Achte auf Deine Gedanken, denn sie werden Worte.
Achte auf Deine Worte, denn sie werden Handlungen.
Achte auf Deine Handlungen, denn sie werden Gewohnheiten.
Achte auf Deine Gewohnheiten, denn sie werden Dein Charakter.
Achte auf Deinen Charakter, denn er wird Dein Schicksal.
Charles Reade (1814 – 1884), englischer Schriftsteller
17. März
Matthäus 26, 57
Die aber Jesus ergriffen hatten, führten ihn zu dem Hohenpriester Kaiphas, wo die Schriftgelehrten und die Ältesten sich versammelt hatten.
Nun ist Jesus also bei den Hintermännern der unheilvollen Verschwörung angekommen. Wer sie sind? Nun … die Hohenpriester, die Gelehrten der Schriften, die Ältesten … und damit die Einflussreichen, Gebildeten, diejenigen, die das Volk führen und leiten.
Sie alle haben sich versammelt und warten schon auf den, der querdenkt und damit gegen den Mainstream anredet und anlebt. Sie können es nicht ertragen, dass jemand etwas Anderes lehrt. Sie ertragen keine andere Meinung, als die Einheitsmeinung. Deshalb muss dieser Mensch zum Schweigen gebracht werden.
Man könnte ihm ein Berufsverbot auflegen – aber das würde nichts nützen.
Man könnte ihn diffamieren – aber das Volk hängt an ihm und glaubt ihm.
Man könnte seine Schriften zensieren – aber er hat keine Schriften verfasst.
Also: Was tun, um ihn zum Schweigen zu bringen?
Es bleibt nur eins, wenn Rufmord nichts nützt … Mord. Aber wie, um sich selber die Hände nicht schmutzig zu machen? Mal sehen, was man da drehen kann …
18. März
Matthäus 26, 58
Petrus folgte Jesus von Weitem bis zum Hof des Hohepriesters; er ging in den Hof hinein und setzte sich zu den Dienern, um zu sehen, wie alles ausgehen würde.
Was hinter den Kulissen vor sich geht, das kann Petrus nicht wissen. Im Prinzip auch nicht das, was sich offen vor Aller Augen abspielt; denn Petrus folgt von Weitem. Er traut sich nicht nah heran. Er hat Angst.
Angst ist kein guter Lebensberater. Angst lässt nicht offen sein (etymologisch kommt das Wort „Angst“ von „Enge“!). Petrus ist in seinem ganzen Sein eng, zu, also nicht offen. Seine Angst bringt ihn dazu, sich unter die Diener im Hof zu mischen. Dort wird er nicht auffallen, es sind schließlich so viele Leute hier. Hier ist er ein Nichts und Niemand. Das tut gut in der Angst.
Warum ist er dann überhaupt in den Hof des Hohepriesters hinterher gegangen? Seine Angst lässt ihn zwar eng sein, aber ein Spalt Offenheit – oder vielleicht Neugier? – muss noch da sein. Er will wissen, was die Leute mit Jesus vorhaben. Vielleicht hofft er, dass er nach einer oder zwei Stunden Verhör seinen Meister wieder in die Arme schließen kann. Und dann nichts wie weg nach Galiläa. Weit weg von Jerusalem mit seinen Seilschaften.
Ob ich Petrus‘ Verhalten verstehen kann? Ein wenig schon. Angst lässt weglaufen, Angst lässt aber auch Neugier zu. Angst lässt einen in der Menge verschwinden. Angst kann auch hoffen lassen, dass alles wieder gut wird.
Ob ich in dieser Situation demonstrativ mit Jesus mitgegangen wäre? Ob ich meinen Mund aufgemacht hätte gegen die Willkür und Ungerechtigkeit? Ob ich dafür Anfeindungen und Sanktionen in Kauf genommen hätte?
Und: Stehe ich in meinem jetzigen Leben offen zu meiner Überzeugung, auch wenn sie Anderen nicht passt?
19. März
Matthäus 26, 59+60
Die Hohenpriester aber und der ganze Hohe Rat suchten falsches Zeugnis gegen Jesus, dass sie ihn töteten, und fanden keins, obwohl viele falsche Zeugen herzutraten.
Was für ein Armutszeugnis sich die hohen Leute da selber ausstellen!
Da suchen sie nach Anschuldigungen und Vorwürfen, nach Gesetzesübertretungen und moralischen Verfehlungen, und was ist? Sie finden nichts! Wie peinlich!
Sie suchen sogar fremde Leute, die sich irgendwelche Anschuldigungen („falsche Zeugnisse“) ausdenken sollten, doch auch davon greift keines; alles Vorgetragene ist Pillepalle und reicht nicht zur gewünschten Todesstrafe aus.
Ich frage mich immer wieder: Was sind das für Menschen? Zum einen die, die dieses ganze Komplott anzetteln; zum anderen jene, die dieses böse und falsche Spiel mitspielen.
So etwas ist ja immer wieder erlebbar, vom privaten Bereich über den beruflichen, bis hin zur hohen Politik. Und da müssen wir heutzutage gar nicht mehr weit in die Ferne schweifen, um das hautnah miterleben zu müssen. Was sind das für Menschen, die da agieren? Was sind das für Menschen, die das mit sich machen lassen?
Was bist Du für ein Mensch?
20. März
Matthäus 26, 60-63
Zuletzt aber traten zwei Männer als Zeugen herzu und sprachen: „Er hat gesagt: Ich kann den Tempel Gottes abbrechen und in drei Tagen aufbauen.“ Und der Hohepriester stand auf und sprach zu ihm: „Antwortest du nichts auf das, was diese gegen dich bezeugen?“ Aber Jesus schwieg still.
Endlich ist eine Anschuldigung gefunden, die schwerer wiegt als das, was vorher vorgebracht wurde.
Jetzt geht es um Gottes heilige Wohnung, den Jerusalemer Tempel. Damals von Salomo gebaut, im Krieg zerstört, nach dem Exil wieder errichtet, von König Herodes d. Gr. Grundlegend um- und neugestaltet. Einzigartig; denn es gibt nur einen Gott.
Und jetzt kommt so ein Herumtreiber-Rabbi und maßt sich an, königsgleich an den Tempel gehen zu können? Einreißen … das ist Gotteslästerung, das haben bisher nur einmal die heidnischen Feinde gewagt!
Neu aufbauen? Woher soll der da die Möglichkeiten haben, die finanziellen Mittel, die Arbeitskräfte? Und dann auch noch in drei Tagen? Das ist absolute Anmaßung!
Der Hohepriester wundert sich, dass Jesus auf diese Anschuldigung nicht antwortet, dass er sich nicht verteidigt, alles abstreitet und beschwichtigt. Jesus schweigt still.
Was soll man auf so eine Anschuldigung auch antworten? Das, was hinter diesem Bild, hinter dieser gleichnishaften Rede Jesu steht, das wollen seine Ankläger gar nicht verstehen, sie können es nicht.
Jesus kämpft nicht gegen Windmühlen an. Das hat keinen Sinn. Auf Blödsinn reagiert er gar nicht. Es ist sinnlos, mit diesen Menschen zu diskutieren.
Reden ist Silber. Schweigen ist Gold.
21. März
Matthäus 26, 63-66
Und der Hohepriester sprach zu ihm: „Ich beschwöre dich bei dem lebendigen Gott, dass du uns sagst, ob du der Christus bist, der Sohn Gottes.“ Jesus sprach zu ihm: „Du sagst es. Doch sage ich euch: Von nun an werdet ihr sehen den Menschensohn sitzen zur Rechten der Kraft und kommen auf den Wolken des Himmels.“ Da zerriss der Hohepriester seine Kleider und sprach: „Er hat Gott gelästert! Was bedürfen wir weiterer Zeugen? Siehe, jetzt habt ihr die Gotteslästerung gehört. Was meint ihr?“
Geschafft! Endlich ist er überführt! Und wir haben Recht behalten: Der Störenfried wird mundtot gemacht. – Oder besser noch: Ganz tot gemacht.
Was stellen Menschen nicht alles an, um ihre Gegner mundtot zu machen. Als ich noch jung war, haben wir gelernt zu diskutieren, Argumente auszutauschen und abzuwägen. Im Deutschunterricht haben wir gelernt, Erörterungen zu schreiben, bei denen wir für beide Seiten gute Argumente suchen mussten, um uns dann für eine Seite zu entscheiden.
Und heute? Es zählt nur noch die eigene Meinung. Man baut einen Mainstream auf, dem alle folgen müssen. Andere Ansichten werden nicht mehr zugelassen. Aus Erzählungen der Eltern und Großeltern erinnere ich mich an eine dunkle Zeit, in der es in Deutschland auch schon mal so war. Es scheint eine Wellenbewegung zu sein.
Zu Jesu Zeit war es auch so, dass nur die Weltdeutung der Hohenpriester, Schriftgelehrten und anderen Führungspersonen galt. Kam einer, der anders dachte, wie der Querdenker Jesus, dann musste er zum Schweigen gebracht werden – mit welchen Mitteln auch immer.
Jesus war der Gotteslästerung angeklagt und für schuldig befunden worden. Gotteslästerung war damals das Totschlagargument. Heute ist es „rechts“ oder „Rassist“ o.ä. Ich habe den Eindruck, die Menschen ändern sich nie.
„Sei Du selbst die Veränderung, die Du Dir wünschst für diese Welt.“ (Robert Betz)
22. März
Matthäus 26, 65-68
„Siehe, jetzt habt ihr die Gotteslästerung gehört. Was meint ihr?“ Sie antworteten und sprachen: „Er ist des Todes schuldig.“ Da spien sie ihm ins Angesicht und schlugen ihn mit Fäusten. Einige aber schlugen ihn ins Angesicht und sprachen: „Weissage uns, Christus, wer ist’s, der dich schlug?“
Und schon fühlen sie sich stark, diejenigen, die schon fast verzweifelt irgendwelchen Anschuldigungen gegen Jesus gesucht haben, denen es ganz egal ist, ob diese Beschuldigungen Lügen sind oder nicht.
„Er ist des Todes schuldig.“ So schnell geht es, wenn man jemanden loswerden will. Eine Behauptung, keine objektive Überprüfung, keine Verteidigung, keine Fragen nach den Hintergründen … nichts! Und schon ist man des Todes schuldig gesprochen.
Na, wenn das so ist … dann wird man auch ganz schnell körperlich brutal. Als ob es mit Worten nicht schon reichen würde. Jetzt sind sie mit den Fäusten dabei. Machen sie sich schuldig? In ihren eigenen Augen natürlich nicht; denn der Andere, der ist ja derjenige, der … Der ist des Todes schuldig. Da tun einige Faustschläge auch nichts mehr zur Sache.
Und der Spott darf natürlich auch nicht fehlen: Wenn der doch der Christus, der Gesalbte Gottes ist, wie er behauptet, dann kann er doch auch weissagen, oder? Na, mach schon, sag schon, jetzt bist du dran mit den Aussagen über uns. Beschuldige du uns jetzt … Du hast eh keine Chance, egal, wie du dich jetzt verhältst.
Auf Wehrlose einschlagen, die verspotten und verhöhnen, sie dem Leiden und dem Tod preisgeben: da kann ich nur noch zitieren: Bah, wat habt ihr für ´ne fiese Charakter.“ (Zitat Lehrer Crey, genannt „Bömmel“, aus dem Film „Die Feuerzangenbowle)
Pass auf, dass Dir so etwas nicht auch passiert!
23. März
Matthäus 26, 69+70
Petrus aber saß draußen im Hof. Und es trat eine Magd zu ihm und sprach: „Und du warst auch mit dem Jesus aus Galiläa.“ Er leugnete aber vor ihnen allen und sprach: „Ich weiß nicht, was du sagst.“
Angst und Neugier haben Petrus in den Hof des Hohenpriesters gebracht. Neugier, weil er wissen will, was sie mit Jesus vorhaben. Und die Angst lässt ihn in der Menschenmenge im Hof untergehen. Hier hofft er, nur ein unscheinbares Puzzleteil zu sein und kein sichtbares Individuum mehr.
„UND DU warst auch mit diesem Jesus aus Galiläa unterwegs“, wird er da laut und deutlich von einer Frau angesprochen. Erwischt! Er wird doch als Individuum wahrgenommen. Der Versuch des unsichtbaren Untertauchens ist gescheitert.
Petrus ist zu Tode erschreckt. Was soll er tun? Sich outen als Jesusrebell? Sein Unterbewusstsein reagiert – in aller Todesangst – und lässt ihn schneller sprechen, als der denken kann: „Ich weiß nicht, was du sagst.“
Damit hat er den schwarzen Peter abgegeben. Das DU gibt er zurück. Was die Frau da sagt, ergibt keinen Sinn. Sie ist ja eh nur eine Frau. Man wird ihm, dem Mann glauben und das Gerede der Frau als nichtig abtun. So hofft er es. Ja, so wird er weiterhin sicher sein. Er ist geschützt. Denkt er …
Petrus: Hast du Jesu Worte schon vergessen? Erst nachdenken, und dann reden!
24. März
Matthäus 26, 71+72
Als er aber hinausging in die Torhalle, sah ihn eine andere und sprach zu denen, die da waren: „Dieser war auch mit dem Jesus von Nazareth.“ Und er leugnete abermals und schwor dazu: „Ich kenne den Menschen nicht.“
Die nächste Chance für Petrus.
Nun geht er schon aus dem Hof hinaus in die Torhalle, er entzieht sich also bewusst der heiklen Situation, doch auch hier wird er wieder erkannt als einer, der nicht „von hier“ ist, sondern aus dem Norden mit Jesus hierhin, nach Jerusalem, kam.
Eigentlich macht Petrus es ganz richtig. Nachdem er in der unschönen Situation im Hof war, verlässt er dieses Setting. „Love it, change it, leave it“, sagt man. Also, entweder Du liebst diese Situation, oder Du hast zwei Möglichkeiten, mit der ungeliebten Situation umzugehen: ändere sie oder verlasse sie. Petrus verlässt sie.
Aber nur vordergründig. Denn er geht sofort in den dritten Schritt, ohne den zweiten versucht zu haben. Eine unangenehme Situation zu verlassen mag ja im Moment ganz gut sein, doch sie wird sich in anderer Konstellation immer wieder einfinden. Also gehe zuerst den zweiten Schritt: verändere die Situation.
Wie hätte Petrus das machen können? Ganz einfach: Er sollte mit dem Lügen aufhören. Denn Lügen können keine positiven Konsequenzen nach sich ziehen, sondern immer nur negative.
Petrus dagegen lässt sich durch seine Lügen immer weiter in den negativen Sog hinein ziehen; ja er schwört sogar, Jesus nicht zu kennen. Er verleugnet ihn. Kann das noch gut enden?
Dieses war der zweite Streich. Und der Dritte folgt sogleich …
25. März
Matthäus 26, 73-75
Und nach einer kleinen Weile traten hinzu, die da standen, und sprachen zu Petrus: „Wahrhaftig, du bist auch einer von denen, denn deine Sprache verrät dich.“ Da fing er an, sich zu verfluchen und zu schwören: „Ich kenne den Menschen nicht.“ Und alsbald krähte der Hahn. Da dachte Petrus an das Wort, das Jesus gesagt hatte: „Ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen.“ Und er ging hinaus und weinte bitterlich.
Petrus schafft es nicht, der Situation zu entfliehen. Aus dem Hof ist er in die Torhalle gewichen, doch auch dort wird er angesprochen: ein zweites Mal, ein drittes Mal; denn sein galiläischer Dialekt verrät ihn.
Ganz objektiv, rein auf der Sachebene betrachtet wird ihm nur gesagt, dass er auch mit Jesus zusammen war. Mehr nicht. Das ist weder ein Vorwurf, noch eine Anklage.
Doch für Petrus hört es sich so an. Denn auf der Ebene der Selbstaussage interpretiert er in das Gesagte hinein, dass die Menschen im Hof und in der Torhalle des hohenpriesterlichen Palastes natürlich ganz und gar auf der Seite der Ankläger Jesu stehen, und ihn deshalb auch anklagen.
Auf der Beziehungsebene ist somit für Petrus klar, dass ihm unter diesen Bedingungen nichts Gutes erwartet, er sich also von Jesus distanzieren muss, um selber in einem besseren Licht dazustehen.
Bei allem, was Petrus nun erlebt, hört er aus den drei Sätzen der Menschen den Appell heraus, zuzugeben, dass er auch ein Verschwörer ist, so dass er direkt mit Jesus angeklagt werden muss.
Diese vier Ebenen des „Kommunikationsquadrates“ von Friedemann Schulz von Thun haben in jeder Kommunikation eine Bedeutung. Immer spielen zwischenmenschliche Beziehungen eine Rolle, und zwar eine deutlich größere, als die reine Sachebene. Und das wird bei Gesprächen oft zur Falle.
Petrus fühlt sich angeklagt und verteidigt sich sofort, indem er alles leugnet und abstreitet: „Ich bin unschuldig, das müsst ihr mir glauben!“ Und als Beweis fügt er jetzt, beim dritten Mal, auch noch eine Selbstverfluchung an. Das muss doch wirken! Sie müssen ihm doch jetzt glauben!
Und dann kräht der Hahn. Petrus wird endlich wach. Er merkt, in welchen Teufelskreis er sich gebracht hat. Nun hat er endlich die Kraft, daraus auszubrechen. Er geht hinaus – jetzt kann er sich endlich der Situation voll und ganz entziehen – und weint über das, was er sich selbst und Jesus mit seinen Lügen angetan hat.
Wäre Petrus objektiv und sachlich in das Gespräch eingestiegen, hätte es ihm vielleicht das ganze Elend erspart. Vielleicht. Auf jeden Fall hätte er Jesus nicht verleugnet, noch hätte er sich selbst verfluchen müssen.
Emotionen im Griff zu haben und auf einer Sachebene zu bleiben, erspart viel an falschen Interpretationen, Vorwürfen und Disharmonie. Hoffentlich denke ich selber in entsprechenden Situationen daran.
26. März
Matthäus 27, 1+2
Am Morgen aber hielten alle Hohenpriester und die Ältesten des Volkes einen Rat über Jesus, dass sie ihn töteten, und sie banden ihn, führten ihn ab und überantworteten ihn dem Statthalter Pilatus.
Da haben sie die ganze Nacht über „getagt“ und beraten.
Was aus nächtlichen Beratungen herauskommt, das haben wir gerade eben vor ganz wenigen Tagen in unserem eigenen Land erlebt: Bei uns kam da eine „Osterruhe“ heraus … die am nächsten Tag – bei Licht betrachtet und von Anderen überdacht – einen Ostersturm hervorbrachte. Der nächtlich gefällte Beschluss der Osterruhe musste direkt wieder zurückgenommen werden. Die dafür verantwortliche Person übernahm dafür „die volle Verantwortung“.
Zum Glück wurde das rückgängig gemacht; zum Wohle sehr, sehr vieler Menschen.
Vor 2000 Jahren wurde das nicht gemacht. Da nahm man den übernächtigt gefällten Rat bzw. Beschluss der Tötung Jesu nicht zurück. Und die Verantwortung für diesen Beschluss wollten die Machthaber damals auch nicht übernehmen. Im Gegenteil: Sie überantworteten Jesus dem römischen Statthalter Pontius Pilatus. Sie übergaben ihm die volle Verantwortung für das, was sie selber beschlossen hatten.
So waren sie noch feiner raus aus dem Schlamassel, als unsere Bundeskanzlerin, die zwar die volle Verantwortung für das angerichtete Chaos übernimmt – aber ohne Konsequenzen.
Haben Menschen, die Macht haben, eigentlich immer nur ihren eigenen Vorteil und den eigenen Machterhalt im Sinn?
Zum Glück nicht! Es gibt auch die Anderen, die Guten.
Am Ende wird alles gut! Und wenn es noch nicht gut ist,
ist es noch nicht das Ende.
Oscar Wilde
27. März
Matthäus 27, 3-5
Als Judas, der ihn verraten hatte, sah, dass Jesus zum Tode verurteilt war, reute es ihn, und er brachte die dreißig Silberlinge den Hohenpriestern und Ältesten zurück und sprach: „Ich habe gesündigt, unschuldiges Blut habe ich verraten.“ Sie aber sprachen: „Was geht uns das an? Das ist deine Sache!“ Und er warf die Silberlinge in den Tempel, ging davon und erhängte sich.
Tiefste Verzweiflung. Judas sieht keinen anderen Weg mehr, als den Ausweg im Suizid. Kein Gefühl, dass Vergebung möglich wäre.
Judas erkennt sein Fehlverhalten und damit seine Schuld. Das ist ein wichtiger Schritt, um auf den richtigen Weg zurück zu kommen. Doch die Erkenntnis der eigenen Schuld führt ihn nur in eine Sackgasse. Und diese Sackgasse ist für ihn gleichzeitig eine Einbahnstraße. Es gibt weder „vor“ noch „zurück“ – nichts! Nur noch das endgültige Ende.
Es ist schade, dass Judas nicht verstanden hat, dass Gott Schuld und Sünde, also Fehlverhalten vergibt, und mag sie auch noch so groß sein. Gott ist immer noch größer. Wer das erkennt, der weiß, dass Sackgassen keine Einbahnstraßen sind, sondern dass Umkehr möglich, ja nötig ist, um weiter gehen zu können. Gott hat unsere Lebenswege nicht als Sackgassen konzipiert!
Gott ist größer als unser Denken, unser Fühlen, unser Handeln. Gott ist größer als Schuld und Sünde, als Verzweiflung und Ausweglosigkeit. Gott ist größer als Leiden und Sterben. Ich hoffe, dass Gott Judas nach seiner Verzweiflungstat zu sich aufgenommen hat, in seine liebenden Arme geschlossen und ihm die Vergebung zugesprochen hat. Ich bin mir sicher, er hat es getan!
Es gibt keine Ausweglosigkeit, es gibt keine Alternativlosigkeit. Gott schenkt immer eine Wahlmöglichkeit und eine Lösung.
28. März
Matthäus 27, 6-10
Aber die Hohenpriester nahmen die Silberlinge und sprachen: „Es ist nicht recht, dass wir sie in den Tempelschatz legen; denn es ist Blutgeld.“ Sie beschlossen aber, den Töpferacker davon zu kaufen zum Begräbnis für die Fremden. Daher heißt dieser Acker Blutacker bis auf den heutigen Tag. Da wurde erfüllt, was gesagt ist durch den Propheten Jeremia, der da spricht: »Sie nahmen die dreißig Silberlinge, den Preis, der geschätzt worden war – den hatten einige von den Israeliten geschätzt –, und gaben sie für den Töpferacker, wie mir der Herr befohlen hat.«
Blutgeld geben können die Hohen Priester, aber dasselbe Blutgeld zurück nehmen, das soll jetzt unrecht sein. Denn sie würden es in den Tempelschatz legen müssen. Das geht ja nicht. – Aber es daraus nehmen, das geht.
Es ist schon erstaunlich, mit welcher systematischen und analytischen Argumentation Doppelmoral betrieben wird. Dazu fällt mir nur ein: „Es gibt nichts Neues unter der Sonne.“ Nicht nur im religiösen Bereich gibt es sie, sondern auch im politischen oder wirtschaftlichen; nun ja, eigentlich überall.
Wasser predigen und selber Wein trinken – das ist etwas, das mich schon seit meiner Jugendzeit (seit ich es durchschauen konnte) geärgert hat: Karten spielen verboten, aber Alkohol bis zur Besinnungslosigkeit trinken, das geht. Das Thema Sexualmoral zum Hauptthema erklären, aber das Finanzamt besch… , das geht. Durch solche Erfahrungen habe ich meinen Gerechtigkeitssinn sehr ausgeprägt.
Wer aufmerksam ist, kann Doppelmoral schnell entlarven.
Wer aufmerksam ist, kann der Falle der Doppelmoral entgehen.
Lebst Du so, dass Dir keiner Doppelmoral vorwerfen kann?
29. März
Matthäus 27, 11-14
Jesus aber wurde vor den Statthalter gebracht; und der Statthalter fragte ihn und sprach: „Bist du der König der Juden?“ Jesus aber sprach: „Du sagst es.“ Und als er von den Hohenpriestern und Ältesten verklagt wurde, antwortete er nichts. Da sprach Pilatus zu ihm: „Hörst du nicht, was sie alles gegen dich vorbringen?“ Und er antwortete ihm nicht auf ein einziges Wort, sodass sich der Statthalter sehr verwunderte.
Mit manchen Leuten lohnt es sich zu diskutieren, mit manchen nicht.
Gerade heute kam mir eine Situation in den Sinn, in der ich locker mit jemandem hätte diskutieren können – aber ich weiß, dass mit diesem Menschen nicht zu diskutieren ist. Er beharrt auf seiner Meinung und ist Argumenten gegenüber nicht gerade aufgeschlossen. Sehr schade! Also vergeude ich meine Energie nicht mehr. Ich schweige und ziehe meine Konsequenzen.
Jesus antwortet Pilatus. Es ist interessant, dass Pilatus nicht weiter nachhakt, oder Jesus lächerlich macht, oder ihn deshalb („König der Juden“) tatsächlich anklagt und verurteilt, oder sonst wie mit ihm in einen Disput eintritt. In dieser Situation gibt es nur ein klare Frage und eine klare Antwort. Sonst nichts.
Die Einwände und Anklagen, Diffamierungen und Geschwafel, die die Hohenpriester und Ältesten jetzt vorbringen müssen – weil Pilatus ja nicht weiter nachhakt – interessieren Jesus überhaupt nicht mehr. Es ist alles Wesentliche gesagt, alles Andere ist irrelevant.
Pilatus wundert sich darüber. Doch er wird verstehen …
30. März
Matthäus 27, 15-18
Zum Fest aber hatte der Statthalter die Gewohnheit, dem Volk einen Gefangenen loszugeben, welchen sie wollten. Sie hatten aber zu der Zeit einen berüchtigten Gefangenen, der hieß Jesus Barabbas. Und als sie versammelt waren, sprach Pilatus zu ihnen: „Welchen wollt ihr? Wen soll ich euch losgeben, Jesus Barabbas oder Jesus, von dem gesagt wird, er sei der Christus?“ Denn er wusste, dass sie ihn aus Neid überantwortet hatten.
Pilatus ist kein dummer Mensch, denn sonst hätte ihn der römische Kaiser nicht als sein Statthalter in Judäa eingesetzt, einem Landstrich, in dem es nicht leicht war, die römischen Gesetze umzusetzen.
Pilatus hat das ganze Spiel der religiösen jüdischen Machthaber durchschaut: Neid ist das, was sie antreibt.
Er ist in der Zwickmühle; er kann eigentlich nur verlieren. Hört er auf seinen Instinkt und lässt Jesus frei, hat er seinen Ruf bei den Juden verspielt. Hört er auf die Anklagen und verurteilt Jesus, hat er seine eigene innere Überzeugung verspielt.
Und so versucht Pilatus seine quasi letzte Karte auszuspielen, um nicht eine Figur in den jüdischen Machtspielen zu sein: Er befragt das Volk, welchen Gefangenen sie frei haben wollen. Er weiß natürlich, dass Jesus beim Volk sehr beliebt ist. Also will er das Volk entscheiden lassen und hofft auf ein Ende der Intrige.
Der römische Statthalter wird für ein Intrigenspiel missbraucht. Doch er durchschaut es und sucht nach einem Ausweg, bei dem im Endeffekt keiner sein Gesicht verliert. Das ist eine gute Taktik. Das wäre eine Win-win-Situation: Er hat ein gutes Gewissen, die Hohenpriester stehen nicht bloßgestellt vor ihrem Volk – und Jesus bleibt am Leben. Das ist gut überlegt.
Ich wünsche mir, dass auch ich in Konfliktsituationen immer eine Win-win-Lösung im Sinn habe.
31. März
Matthäus 7, 19-24
Und als Pilatus auf dem Richterstuhl saß, schickte seine Frau zu ihm und ließ ihm sagen: „Habe du nichts zu schaffen mit diesem Gerechten; denn ich habe heute viel erlitten im Traum um seinetwillen.“
Aber die Hohenpriester und die Ältesten überredeten das Volk, dass sie um Barabbas bitten, Jesus aber umbringen sollten. Da antwortete nun der Statthalter und sprach zu ihnen: „Welchen wollt ihr? Wen von den beiden soll ich euch losgeben?“ Sie sprachen: „Barabbas!“ Pilatus sprach zu ihnen: „Was soll ich dann machen mit Jesus, von dem gesagt wird, er sei der Christus?“ Sie sprachen alle: „Lass ihn kreuzigen!“ Er aber sagte: „Was hat er denn Böses getan?“ Sie schrien aber noch mehr: „Lass ihn kreuzigen!“ Da aber Pilatus sah, dass er nichts ausrichtete, sondern das Getümmel immer größer wurde, nahm er Wasser und wusch sich die Hände vor dem Volk und sprach: „Ich bin unschuldig am Blut dieses Menschen; seht ihr zu!“
Oftmals sind es die Frauen, die Vorahnungen haben. So ist es auch bei Frau Pilatus. Sie träumt von Jesus, sie leidet im Traum viel um seinetwillen. Es war ein Alptraum. Und so lässt sie ihren Mann warnen, dass er Jesus, den Gerechten, nicht falsch aburteile.
Pilatus hört auf seine Frau. Er verurteilt Jesus nicht. Noch einmal geht er hinaus zum Volk und befragt sie, welchen Gefangenen er denn nun (als „Festgeschenk“ an das Volk) freigeben solle.
Wie man ein Volk aufhetzen kann, das kann man nicht nur aus Geschichtsbüchern lernen oder aus Filmen aus den 1930er und 40er Jahren in Deutschland. Durch Angst kann man auch im 21. Jh. noch ein aufgeklärtes Volk völlig umkrempeln, so dass die Menschen das Gegenteil von dem machen, was sie eigentlich wollen. – So auch im Jahr 33 in Jerusalem.
Wie die Hohenpriester und die Ältesten das Volk „überreden“, also aufstacheln, das lässt sich aus diesem Text nicht herauslesen. Doch sie haben es geschafft, so dass sie nur noch blutgierig und mordlustig das „Kreuzige ihn!“ schreien.
Pilatus hält es nicht mehr aus. Mit einer großen Zeichenhandlung wäscht er sich Jesu Blut von seinen Händen: „Seht ihr zu!“ Den schwarzen Peter hat das aufgestachelte Volk. Pilatus hat die Win-win-Situation nicht herbeiführen können, doch er versucht, möglichst unbeschadet aus der Angelegenheit heraus zu kommen. „Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt“, sagt ein Sprichwort.
Leider trifft es viel zu oft zu. Achten wir am besten Tag für Tag darauf, nie der „böse Nachbar“ zu sein.
1.April
Matthäus 27, 25-30
Da antwortete alles Volk und sprach: „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!“ Da gab Pilatus ihnen Barabbas los, aber Jesus ließ er geißeln und überantwortete ihn, dass er gekreuzigt werde. Da nahmen die Soldaten des Statthalters Jesus mit sich in das Prätorium und versammelten um ihn die ganze Kohorte und zogen ihn aus und legten ihm einen Purpurmantel an und flochten eine Dornenkrone und setzten sie auf sein Haupt und gaben ihm ein Rohr in seine rechte Hand und beugten die Knie vor ihm und verspotteten ihn und sprachen: „Gegrüßet seist du, der Juden König!“, und spien ihn an und nahmen das Rohr und schlugen damit auf sein Haupt.
Wie armselig ist das, einen Gefangenen und zum Tode Verurteilten zu verhöhnen und zu demütigen. Was für Menschen haben so etwas nötig?
Gerade Menschen, denen es im normalen Leben nicht so prickelnd geht, die nicht zu den Oberen oder Mächtigen oder Einflussreichen oder Reichen gehören, treiben besonders gerne Spott mit denen, die sich nicht wehren können. Was für kranke Seelen das doch sind! Arm-selig sind sie, die so etwas tun, um selber besser und größer dazustehen.
Das ist die eine Seite. Das sind hier in der Passionsgeschichte die römischen Soldaten. Wessen „Soldat“ bist Du? Hast Du auch so ein Verhalten in Deinem Alltag nötig?
Die andere Seite, das ist das jüdische Volk, die aufgestachelt sind. Ihr Ruf: „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!“ ist so gedankenlos, dass man es nicht fassen mag. Was für kranke Gehirne das doch sind! Nicht nur, dass sie selber Jesu Blut über sich kommen lassen wollen – selbst ihre Kinder beziehen sie mit in ihre Schuld ein. Es scheint ganz so, als seien sie einer Gehirnwäsche unterzogen. Mir fällt dazu nur noch der Vergleich ein: „Wollt ihr den totalen Krieg?“ „Ja!“
Trägst Du die Verantwortung für Dein Tun und Reden allein? Bist Du bereit, die Konsequenzen dafür zu tragen? Oder überträgst Du die Schuld auf Andere? Machst Du andere Menschen für Dein Leben verantwortlich?
Denke daran: Du hast es in der Hand, wie Dein Leben verläuft; denn Du kannst es in jedem Moment verändern. Also trägst auch Du ganz allein die Verantwortung dafür, wie Dein Leben aussieht.
Karfreitag
Matthäus 27, 31-56
Und als sie ihn verspottet hatten, zogen sie ihm den Mantel aus und zogen ihm seine Kleider an und führten ihn ab, um ihn zu kreuzigen.
Und als sie hinausgingen, fanden sie einen Menschen aus Kyrene mit Namen Simon; den zwangen sie, dass er ihm sein Kreuz trug. Und als sie an die Stätte kamen mit Namen Golgatha, das heißt: Schädelstätte, gaben sie ihm Wein zu trinken mit Galle vermischt; und da er’s schmeckte, wollte er nicht trinken.
Als sie ihn aber gekreuzigt hatten, verteilten sie seine Kleider und warfen das Los darum. Und sie saßen da und bewachten ihn. Und oben über sein Haupt setzten sie eine Aufschrift mit der Ursache seines Todes: Dies ist Jesus, der Juden König.
Da wurden zwei Räuber mit ihm gekreuzigt, einer zur Rechten und einer zur Linken. Die aber vorübergingen, lästerten ihn und schüttelten ihre Köpfe und sprachen: „Der du den Tempel abbrichst und baust ihn auf in drei Tagen, hilf dir selber, wenn du Gottes Sohn bist, und steig herab vom Kreuz!“
Desgleichen spotteten auch die Hohenpriester mit den Schriftgelehrten und Ältesten und sprachen: „Andern hat er geholfen und kann sich selber nicht helfen. Er ist der König von Israel, er steige nun herab vom Kreuz. Dann wollen wir an ihn glauben. Er hat Gott vertraut; der erlöse ihn nun, wenn er Gefallen an ihm hat; denn er hat gesagt: Ich bin Gottes Sohn.“ Desgleichen schmähten ihn auch die Räuber, die mit ihm gekreuzigt waren.
Von der sechsten Stunde an kam eine Finsternis über das ganze Land bis zur neunten Stunde. Und um die neunte Stunde schrie Jesus laut: „Eli, Eli, lama asabtani?“ Das heißt: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Einige aber, die da standen, als sie das hörten, sprachen sie: „Der ruft nach Elia.“ Und sogleich lief einer von ihnen, nahm einen Schwamm und füllte ihn mit Essig und steckte ihn auf ein Rohr und gab ihm zu trinken. Die andern aber sprachen: „Halt, lasst uns sehen, ob Elia komme und ihm helfe!“
Aber Jesus schrie abermals laut und verschied.
Und siehe, der Vorhang im Tempel zerriss in zwei Stücke von oben an bis unten aus. Und die Erde erbebte, und die Felsen zerrissen, und die Gräber taten sich auf und viele Leiber der entschlafenen Heiligen standen auf und gingen aus den Gräbern nach seiner Auferstehung und kamen in die heilige Stadt und erschienen vielen.
Als aber der Hauptmann und die mit ihm Jesus bewachten das Erdbeben sahen und was da geschah, erschraken sie sehr und sprachen: „Wahrlich, dieser ist Gottes Sohn gewesen!“
Und es waren viele Frauen da, die von ferne zusahen; die waren Jesus aus Galiläa nachgefolgt und hatten ihm gedient; unter ihnen war Maria Magdalena und Maria, die Mutter des Jakobus und Josef, und die Mutter der Söhne des Zebedäus.
Ein Kranz aus Dornen geflochten. Es könnte der Weißdorn sein: Crataegus oxyacantha. Er wächst überall, an allen Wegrändern, völlig anspruchslos den Boden betreffend. Die Soldaten konnten ihn einfach abschneiden und einen Kranz flechten. Fertig ist die Krone für den „König der Juden“.
Ein Schilfrohr, ebenfalls schnell mal abgebrochen, muss diesem Verurteilten als Zepter dienen. Ein roter Soldatenmantel als Königsgewand.
Kreuze liegen sowieso bereit; die brauchen die Römer in diesem aufmüpfigen Landstrich, in Judäa, immer wieder. Sie werden wie am Fließband hergestellt, so dass sie immer griffbereit sind. An diesem Freitag brauchen sie sogar drei Stück gleichzeitig,
Ein paar Nägel dazu, ein Hammer – und schon ist dieser verurteilte Pseudokönig am Kreuz festgemacht. Die Vorübergehenden lästern: „Hilf dir selber, wenn du Gottes Sohn bist, und steig herab vom Kreuz!“ Und die Schriftgelehrten spotten weiter: „Anderen hat er geholfen und kann sich selber nicht helfen.“
Kann er nicht, oder will er nicht?
„Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ ruft Jesus. Wir wissen, dass Jesus den 22. Psalm zitiert. Und wir wissen, wie der endet: „Aber du, HERR, sei nicht ferne; meine Stärke, eile, mir zu helfen!“
Jesus vollendet den Heilsplan Gottes mit uns Menschen, ja mit der gesamten Schöpfung. Deshalb will er nicht vom Kreuz herabsteigen. Er will, dass durch seinen Tod der Tod endlich seine Macht verliert – der ewige Tod der Menschen, die sonst immer und ewig von Gott getrennt sein müssten. Jesus überwindet den Tod, damit wir leben können.
Der Spott der römischen Soldaten und der Menschen, die nichts verstehen, ist ihm gleichgültig. Alles wird am Kreuz gleich-gültig. Ob sie spotten oder nicht. Ob sie trauern oder nicht. Ob sie weinen oder nicht. Ob sie beten oder nicht. Es ist alles gleich gültig. Nur das, was Jesus hier vollbringt, das ist ein für alle Mal gültig. Einmal – und für alle Male, die wir die Vergebung nötig haben. Sein Tod allein ist nicht gleichgültig.
Denn er schenkt uns das Leben.
Gott verwandelt uns. So wird aus unserem Gesang „O Traurigkeit, o Herzeleid! Ist das nicht zu beklagen?“ eine Herzensangelegenheit, die das Leid überwindet. Die Dornenkrone aus Weißdorn tut das Ihre dazu: Crataegus ist eine bedeutende Heilpflanze, die das schwache Herz stärkt und heilt.
Ob die römischen Soldaten das wussten?
Unsere Herzen brauchen das Karfreitagsleid nicht zu beklagen; denn am dritten Tag wird alles anders sein!
Karsamstag
Matthäus 27, 57-66
Am Abend aber kam ein reicher Mann aus Arimathäa, der hieß Josef und war auch ein Jünger Jesu. Der ging zu Pilatus und bat um den Leib Jesu. Da befahl Pilatus, man sollte ihm den geben. Und Josef nahm den Leib und wickelte ihn in ein reines Leinentuch und legte ihn in sein eigenes neues Grab, das er in einen Felsen hatte hauen lassen, und wälzte einen großen Stein vor die Tür des Grabes und ging davon. Es waren aber dort Maria Magdalena und die andere Maria; die saßen dem Grab gegenüber.
Am nächsten Tag, der auf den Rüsttag folgt, versammelten sich die Hohenpriester und die Pharisäer bei Pilatus und sprachen: „Herr, wir haben daran gedacht, dass dieser Verführer sprach, als er noch lebte: >Nach drei Tagen werde ich auferweckt.< Darum befiehl, dass man das Grab bewache bis zum dritten Tag, damit nicht seine Jünger kommen und ihn stehlen und zum Volk sagen: >Er ist auferstanden von den Toten<, und der letzte Betrug ärger wird als der erste.“ Pilatus sprach zu ihnen: „Da habt ihr die Wache; geht hin und bewacht es, so gut ihr könnt.“ Sie gingen hin und sicherten das Grab mit der Wache und versiegelten den Stein.
Begraben, versiegelt und bewacht. Wie viel Angst steckt in diesen religiösen Führungskräften des jüdischen Volkes?!
Die Bosheit, zu der man selbst imstande ist, die traut man auch allen Anderen zu. Durch Betrug haben sie Jesus verurteilen und hinrichten lassen. Betrug trauen sie auch seinen Jüngern zu, dass sie den Leichnam stehlen.
Derweil halten Maria Magdalena und die andere Maria die Totenwache. Sie sitzen dem Grab gegenüber. Jesu Grab hat also schon eine Wache – allerdings eine gute, reine, bosheitsfreie. Das ist gut.
Gut auch, dass Joseph von Arimathäa aus reichem Hause auch ein Jünger Jesu ist. Er kann es sich leisten, Jesus angemessen begraben zu lassen. Dieser Reiche darf Pilatus um die frühe Kreuzesabnahme Jesu bitten. Pilatus gewährt ihm die Bitte und gibt Jesus vorzeitig zum Begräbnis frei.
Menschen mit reinen Gedanken und Menschen mit schlechten Gedanken begegnen Pilatus – und er schlägt sich auf keine Seite.
Menschen mit reinen Gedanken und Menschen mit schlechten Gedanken prallen immer im Leben aufeinander. Und wir alle, Du und ich, entscheiden in jedem Moment, auf welche Seite wir uns begeben. Die gute oder die schlechte?
Dieser Samstag ist der Tag der Totenruhe Jesu. Die Frauen sitzen am Grab, die römischen Wachen sitzen ebenfalls dort. Gut und schlecht in einem scheinbaren Frieden nebeneinander. In Ruhe. Sie warten, was geschehen wird. Wurde das Gute zu Grabe getragen, so dass das Böse siegen konnte?
Das wird nie wirklich so sein; denn am Ende wird immer das Gute siegen. Also pass auf Dich auf, auf welche Seite Du Dich schlägst!
Gestern habe ich von meiner lieben Bekannten Silvia Bachrouche ein selbst verfasstes Gedicht zugeschickt bekommen, welches ich mit ihrer Genehmigung hier veröffentlichen möchte:
Herr, wie oft schaute ich freudig in Dein Angesicht,
doch heut verschleiern Tränen meinen Blick so dicht.
Voll Trauer ist mein wehes Herz,
gefüllt mit Gram und Schmerz.
Du gabest hin für uns Dein Blut,
zu tilgen uns’re Schand und Schuld.
Verdunkelt hat sich sogar der Tag,
die Sonne heut nicht scheinen mag.
Doch alles Klagen wird vergehen,
die trüben Nebel weit verwehen;
denn schon leuchtet fern ein helles Licht,
in dem sich spiegelt Dein strahlendes Angesicht.
Ach, ich weiß, Du, Herr, bist nicht gestorben,
hast den Tod besiegt und die Ewigkeit erworben.
Noch ist mein Herz heut voller Leid,
doch weiß ich, der Tag Deiner Auferstehung ist nicht mehr weit!
Ostersonntag
Matthäus 28, 1-10
Als aber der Sabbat vorüber war und der erste Tag der Woche anbrach, kamen Maria Magdalena und die andere Maria, um nach dem Grab zu sehen. Und siehe, es geschah ein großes Erdbeben. Denn ein Engel des Herrn kam vom Himmel herab, trat hinzu und wälzte den Stein weg und setzte sich darauf. Seine Erscheinung war wie der Blitz und sein Gewand weiß wie der Schnee.
Die Wachen aber erbebten aus Furcht vor ihm und wurden, als wären sie tot. Aber der Engel sprach zu den Frauen: „Fürchtet euch nicht! Ich weiß, dass ihr Jesus, den Gekreuzigten, sucht. Er ist nicht hier; er ist auferstanden, wie er gesagt hat. Kommt und seht die Stätte, wo er gelegen hat; und geht eilends hin und sagt seinen Jüngern: Er ist auferstanden von den Toten. Und siehe, er geht vor euch hin nach Galiläa; da werdet ihr ihn sehen. Siehe, ich habe es euch gesagt.“
Und sie gingen eilends weg vom Grab mit Furcht und großer Freude und liefen, um es seinen Jüngern zu verkündigen. Und siehe, da begegnete ihnen Jesus und sprach: „Seid gegrüßt!“ Und sie traten zu ihm und umfassten seine Füße und fielen vor ihm nieder. Da sprach Jesus zu ihnen: „Fürchtet euch nicht! Geht hin und verkündigt es meinen Brüdern, dass sie nach Galiläa gehen: Dort werden sie mich sehen.“
Unsere Kirchen sind mit Blumen geschmückt.
Endlich Frühling! Endlich Ostern!
Die Osterglocken sind ein ganz besonderes Zeichen für die Verbindung des christlichen Festes mit der Jahreszeit. Osterglocken nennt man die gelben Narzissen. Sie stehen im Christentum für die Auferstehung Jesu und das ewige Leben.
Wie kommt es, abgesehen vom Blühen dieser schönen Blume in dieser Zeit, zu dieser Verbindung?
Wenn nach dem Winter endlich das Leben wieder aufblüht, die Knospen an den Bäumen und Sträuchern aufbrechen und die Frühblüher wie Hyazinthen, Gänseblümchen, Lungenkraut, Forsythien und eben die Narzissen uns entgegen leuchten, uns anstrahlen und ein Lächeln auf unser Gesicht zaubern, dann wissen wir, dass die Natur nicht im Tod bleibt. Sie blüht wieder auf, feiert quasi ihre eigene Auferstehung.
Jesus, an dessen Leiden und Sterben wir in den vergangenen Tagen und Wochen gedacht haben, ist auch nicht im Tod geblieben. Das glauben wir, und darauf vertrauen wir!
Auch wenn es wissenschaftlich nicht zu beweisen ist, wir es uns auch gar nicht vorstellen können, dass jemand, der tot war, wieder lebendig wird, so ist unser Glaube an Gott so stark, dass wir ihm zutrauen, über alle menschlichen Erkenntnisse hinaus zu handeln. Gott hat diesen Menschen Jesus wieder ins Leben gebracht und damit dessen Göttlichkeit erwiesen. Er ist zuerst seinen Jüngerinnen und Jüngern erschienen: als Erstes den Frauen, die am 3. Tag zum Grab eilten, dann den 11 Jüngern (Judas war zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr dabei), und dann immer mehr Menschen. Ich glaube diesen Zeugnissen und Berichten. Denn sie geben mir für mein Leben und mein Sterben eine große Hoffnung und Gewissheit:
Auch mit meinem Tod werde ich nicht ein endgültiges Ende haben, sondern in Gottes anderer, jenseitiger Welt weiterleben, die nicht abhängig ist von unserer Dreidimensionalität. Gott ist kein Gott der Toten, sondern der Lebenden!
Die Osterglocken und auch unsere österlichen Kirchenglocken weisen auf das neue Leben und die Feier der Auferstehung von den Toten. Das volle Geläut unserer kirchlichen „Oster-Glocken“ ist gerade angemessen, um auf das unzerstörbare Leben aufmerksam zu machen.
Und die Osterglocken, die Narzissen, geben uns mit ihrem Duft einen Hinweis auf das, was nicht sichtbar, aber erlebbar ist. Auch sie rufen uns zu:
Christus ist auferstanden.
Er ist wahrhaftig auferstanden!
Halleluja!