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In Windeseile sprach es sich herum, dass nirgendwo ein Lämpchen mehr glühte. Die Pessimisten unter ihnen sorgten gleich für schlechte Stimmung. „Diese Weihnachten werden wir hungern“, jammerten sie. „Kein Gänsebraten gefüllt mit Pflaumen, Äpfeln, köstlicher Soße, gerösteten Kartoffeln und Rotkohl.“ Allein schon diese Ankündigung sorgte bei einigen für ein hohles Gefühl in der Magengegend.

„Und frieren, vielleicht sogar erfrieren“, meinten wiederum andere und leuchteten sorgenvoll mit der Taschenlampe auf ein Thermometer. Es war auffallend ruhig geworden. Überall in den Häusern brannten Kerzen.

Dicht, so dicht, wie es eben nur ging, war man zusammen gerückt. Eine gewisse Behaglichkeit breitete sich in den Wohnzimmern aus. „So ähnlich wie heute war es auch an Weihnachten im letzten Krieg“, begannen die Älteren und schilderten den Jüngeren ihre Erlebnisse. Sehr aufmerksam hörte man ihnen zu. Erst zaghaft, dann kräftiger erklangen die ersten Weihnachtslieder. Manch einer entdeckte dabei, dass er doch eine recht brauchbare Stimme hatte.

In der Ferne war Glockengeläut zu hören. Die Dunkelheit war vorbei.

An dieser Stelle könnte man nun eigentlich die Geschichte auf sich beruhen lassen. Wenn nicht – genau in diesem Moment – die Saat des Engels aufgegangen wäre. Die Stunden ohne Strom, sie waren auf einmal eine großartige Erfahrung! Die Menschen hatten endlich wieder das wundervolle Gefühl eines liebevollen Miteinanders erleben dürfen, die Wärme und Nähe des Anderen. Natürlich wussten sie, dass es so etwas gab, nur war es in Vergessenheit geraten.

Der Lausbubenengel aber war zufrieden mit seinem Werk und vermerkte später in seinem Protokoll: „Auftrag mit Erfolg ausgeführt.“ Und selbstverständlich schrieb er auch die Worte hinein, die ihm am meisten gefallen hatten. „Fröhliche Weihnachten“ – „Gesegnete Weihnachten“ – „Danke auch Ihnen“ – „Fröhliche Weihnachten“.

In dieser Heiligen Nacht tauschte man noch viele Geschenke. Doch irgendwie hatten sie an Popularität verloren.

 

Elga Lappöhn