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Märzveilchen

Die alte Frau legt ihre Hand auf meinen Arm. „Erinnerungen sind wie Blumen“, sagt sie und lacht. „Man muss sie pflegen.“

Sie fröstelt, zieht ihren Schal enger und trotzt so dem Ostwind, der um die Ecke bläst. Wir gehen ein paar Schritte und sie zeigt auf ein Beet in ihrem Garten.

„Hier ist der Frühling schon eingekehrt.“ Ich blicke auf dunkel-violette Blüten. „Märzveilchen, Duftveilchen“, denke ich.

„So hat sie Eduard Mörike in einem Frühlingsgedicht beschrieben*.“

„Schon bei den alten Griechen galten sie als Blume der Liebe“, belehrt mich die alte Dame. „Sie schenkten diese Veilchen gern ihrer Angebeteten.“ Als sie mir das erzählt, funkeln ihre Augen und sie wirkt sichtlich verjüngt. „Liebe kann noch immer viel bewirken, auch wenn man schon fast neunzig ist. Das ändert sich nie. Kommen Sie, hier ist es ein wenig ungemütlich. Wir wollen uns einen Tee aufbrühen und ich erzähle Ihnen meine Geschichte: Gut 70 Jahre sind es inzwischen her. Doch alles ist noch so frisch in Erinnerung, als wäre es gestern gewesen. Ich hatte mich zum ersten Mal verliebt. Es war der 21. März, Frühlingsanfang und zufällig auch mein Geburtstag. …

 

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