Abitur 2019

Zum Abitur 2019 an der Heinrich-von-Kleist-Schule Bochum Gerthe

Die Kurse Evangelische und Katholische Religion (mit den Unterrichtenden Sabine Mosel und Egbert Naujoks) haben den Abiturgottesdienst gemeinsam vorbereitet. Der rote Faden, der sich durch den gesamten Gottesdienst zieht, ist: „Was bringt uns die Zukunft?“ mit den Einzelaspekten: „Ich bin dankbar – ich bedaure – ich bin offen für“.
Aufgrund terminlicher Kollisionen fand der Abiturgottesdienst innerhalb der Schule am letzten Schultag, der auch Teil der inzwischen üblichen Mottowoche ist, vor den Osterferien statt.

Gebet

Guter Gott,
wir haben uns heute hier an diesem für Gottesdienste ungewöhnlichen Ort und in ebenso ungewöhnlicher Kleidung versammelt, um über die Zeit, unsere Zeit in der HvK und nach der HvK nachzudenken.
Wir bitten dich, schenke uns das Gefühl von DANKBARKEIT für das, was wir in den letzten Jahren erleben durften, berechtigte UNZUFRIEDENHEIT über das, was wir versäumt, nicht geschafft haben, oder woran wir gehindert wurden, aber auch HOFFNUNG für die Zukunft und Vorfreude auf das, was uns in unserem zukünftigen Leben erwartet.
Darum bitten wir dich durch Jesus, unseren Herrn. Amen. (Egbert Naujoks)

 

Ansprache – Zusprache

Ihr Lieben,
„BacAbi – 8 Jahre Rum“ – zu diesem Euren Abimotto werde ich nichts sagen. Anderes ist mir wichtiger.

Ich schaue auf zwei ganz phantastische Jahre zurück. Sie waren ein ganz besonderer Prozess, den ich für mich und mit euch gehen konnte.

Die zwei Jahre habe ich mit eurem Kurs genossen! Und ich danke euch sehr, wirklich sehr, dass ihr bis zuletzt den Kurs bei mir belegt habt.

Ich bin zunächst dankbar für:

  • euer Vertrauen. Mit dem, was ich hier im Kurs von mir gegeben habe, habe ich mich manchmal ganz schön weit aus dem Fenster gelehnt. Danke euch, dass ihr mich nicht habt abstürzen lassen.
  • eure Mitarbeit im Unterricht. Selten gab es einen Kurs, bei dem alle engagiert mitgemacht haben, bei dem alles ausgesprochen und durchdiskutiert werden konnte.
  • eure Offenheit. Ihr habt euch so manches mal auf Dinge eingelassen, die nun gar nicht zum üblichen Unterricht gehören. Und ihr habt mir damit auch sehr beim Aufbau meiner Homepage geholfen. Auch wenn noch längst nicht alles von euch darauf zu finden ist, wird es doch noch seinen Weg darauf finden. Und eure Ideen und Anregungen werden – wenn die Zeit kommt – und sie wird kommen! – aufgenommen werden. Also schaut ab und zu mal auf die Homepage, und lasst euch überraschen.

Ich bedaure,

  • eigentlich nichts. Das Leben kommt, wie es kommt. Wichtig ist mir dabei:
  • Nicht die Umstände bestimmen mein Leben, sondern wie ich auf die Umstände reagiere, das bestimmt mein Leben. Und genau das möchte ich euch auch ans Herz legen:
  • Egal, was kommt, verinnerlicht ein Weiteres und sage Dir immer wieder: Ich scheitere nie – entweder ich lerne, oder ich siege! Aus Fehlern wird man klug. Und wer immer wieder denselben Fehler macht, der ist und bleibt dumm; zu dumm, um erfolgreich zu sein.
  • Ich bedaure nur eines: Dass ich nicht eher danach gelebt habe. Deshalb ist es mir unglaublich wichtig, diese universellen und doch so einfachen Lebensregeln all meinen SuS weiterzugeben, so dass ihr alle nicht so lange auf Freiheit, Erfolg und tiefe Erfüllung waren müsst.

Ich bin offen für:

  • das, was uns das Leben noch alles an Fülle zu bieten hat. Das Leben ist doch etwas Großartiges! In jedem Moment habe ich es in der Hand, etwas Neues zu erschaffen. Und ihr genauso!
  • Gottes Wort und Handeln an mir. „Es geht ohne Gott in die Dunkelheit, aber mit ihm gehen wir ins Licht …“, heißt es in einem Lied. Ja, das kann ich bestätigen. Haltet euch an Gottes Wort, vertraut auf sein Mitgehen, auf seine Liebe, seinen Schutz, seinen Halt. Betet: morgens, abends, zum Essen, zwischendurch, … das ist Meditation pur. Das erschafft eine wunderbare Hirn-Herz-Kohärenz. Das bringt eine unglaubliche Ruhe, Gelassenheit und Offenheit ins Leben.
  • etwas ganz Neues. Ihr verlasst jetzt die Schule und geht in einen völlig neuen, unbekannten Lebensabschnitt hinein. Herrn Naujoks geht es ähnlich wie euch. Ich bin nächstes Jahr dran, gehe mit einer unglaublichen Freude in meine vorgezogene Pension und erspare mir damit fast 7 weitere Arbeitsjahre. Wow! Was für ein Geschenk! Was kommen wird? Keine Ahnung! Es gibt viele Ideen und Pläne – genauso, wie bei euch.

Deshalb jetzt meine Bitte und Hoffnung für euch alle:
Wachst! Wachst an jedem Tag. Lernt und arbeitet mit viel Disziplin – dann werde ihr die Fülle ernten!
Haltet euch an Gott! Vertraut darauf, dass Gott eine Realität ist, mit der ihr jeden Moment eures Lebens rechnen könnt.
Seid dankbar! Seid jeden Tag dankbar; denn wenn ihr die tägliche Dankbarkeit lebt, dann merkt ihr bald, dass alles Negative, was euch runterziehen will, keine Chance bei euch hat. Denn ihr seid positiv gestimmt. Und positive Schwingungen ziehen immer das Positive an. Ihr habt es in der Hand. Gott sei Dank!
Ende des 1. Teils der Ansprache (von Sabine Mosel) an die Schülerinnen und Schüler.

2. Teil der Ansprache von Egbert Naujoks:
Aber was ist, wenn die „positiven Schwingungen“ ihren Geist aufgeben, wenn sie nicht mehr spürbar sind?

Da hat mir der Gedanke an einen griechischen Mythos geholfen, nämlich der an Sisyphos.
Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, ob wir im Unterricht darüber gesprochen haben. Sisyphos war derjenige, der – als Strafe der Götter – einen Felsbrocken einen Berg hinauf schieben musste. Wenn er oben angelangt war, fiel der große Stein wieder herunter, und die mühsame Arbeit begann für ihn von vorne, ohne Ende.
Ein trostloses Bild, doch Albert Camus, ein französischer Autor, schrieb: „Wir müssen uns Sisyphos als glücklichen Menschen vorstellen.“

Wie bitte? Wie geht das?
Sisyphos tut das, was er tun muss, obwohl ihm manchmal die ganze Sinnlosigkeit bewusst wird (wie mir und euch vielleicht angesichts der Probleme der Zukunft: Umwelt, Kriege, Feindschaft der Religionen etc.).
Aber Sisyphos legt seine Muskelkraft hinein die seine tägliche Arbeit, er gibt nicht auf, was sein muss, muss sein! Sein Schicksal gehört ihm, so wie euch eure Zukunft gehört. Ihr habt den Felsen nach oben zu schieben.

Und jetzt zitiere ich eine bekannte Theologin der HvK: „Ihr habt es in der Hand!“
Ihr habt den Felsen in der Hand. Und wir Christen haben im Gegensatz zum einsamen Sisyphos einen Vorteil: Gott schiebt mit beim Hochbringen des Felsens. Immer wieder, bis er mir und euch eines Tages die Hand auf die Schulter legt und sagt: „Okay, du hast nicht aufgegeben und für das Reich Gottes gekämpft. Ruh dich aus!“

Vorher aber nicht. Genauso wie Dietrich Bonhoeffer, ein evangelischer Christ, der von den Nazis hingerichtet wurde, 1943 geschrieben hat: „Mag sein, dass der Jüngste Tag morgen anbricht, dann wollen wir gerne die Arbeit für eine bessere Zukunft aus der Hand legen, vorher aber nicht.“

P.S,: Warum ist Sisyphos überhaupt von den Göttern bestraft worden? Er hat gegen Thanatos gekämpft, gegen den Tod. Er hat ihn geärgert, gefesselt, aber letztlich hat er verloren.

Wir Christen haben einen anderen Sisyphos: Jesus. ER hat den Tod besiegt – endgültig – das feiern wir Ostern. Deshalb:
FROHE Zukunft!
FROHE Ostern!