4.12.2023

„Fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir; weiche nicht, denn ich bin dein Gott.“ (Jesaja 41,10)

Am 2. Dezember erzählte ich die Kindergeschichte vom verlorenen Sternenzacken. Heute erzähle ich die Geschichte für Erwachsene. Denn auch uns gilt: Fürchte dich nicht!

In der Geschichte vom Sternenzacken wird es mit der Zeit immer heller und wärmer.

Der kleine Sternenzacken ist vom großen Weihnachtsstern abgebrochen, weil er sich besonders hervortun wollte.

Das kennen wir aus unserm Leben auch. Auch in unserer Sprache gibt es diese Erfahrung, wenn wir manchmal sagen: »Da habe ich mir einen abgebrochen.« Wir wollen etwas besonders gut und toll machen – und der Erfolg ist, dass es erst recht daneben geht.

Oder wir wollen gerne groß und anerkannt sein, und müssen erleben, dass wir bei anderen nicht ankommen oder abgelehnt werden. Das tut weh.

So ging es auch dem kleinen Sternenzacken. Er plusterte sich derart auf, dass er abbrach und herunterfiel.

Hochmut kommt vor dem Fall, sagen wir.

Aber es kann auch sein, dass es kein Hochmut war, sondern nur ein bisschen übertriebener Eifer. Jedenfalls, was nun? Fast wäre der Zacken daran zerbrochen, fast wäre sein Licht erloschen.

Und dann wird er doch noch in letzter Minute gerettet. Aber nicht deshalb, weil er etwas geschenkt bekommt, sondern weil umgekehrt jemand ihn um Hilfe bittet: der kleine Marienkäfer.

Da war doch noch immerhin ein ganz kleines Licht, das übriggeblieben war. Aber das war für andere, die gar nicht leuchten konnten, doch sehr viel wert. Und so rückten die beiden zusammen.

Das ist eine der schönsten Erfahrungen des Advents: Das Licht vermehrt sich, wo es geteilt wird. Wenn eine Kerze brennt und ihr Licht an eine andere abgibt, dann verliert sie nichts, sondern das Licht wird mehr, indem die andere Kerze auch anfängt zu leuchten und zu strahlen.

Was wir anderen Gutes tun, das wärmt auch uns. Das ist eine wunderbare Erfahrung, die wir im Leben machen können. Da, wo wir miteinander teilen, einander helfen, einander Liebe und Wärme weitergeben, da fehlt uns hinterher nichts, sondern da wird es jedes Mal ein klein wenig heller und fröhlicher in der Welt und in uns drin.

Da fangen Menschen an zu strahlen und zu lächeln, und das kann man in der Schule genauso erleben, wie in einer Firma oder in einer Kirche, oder wenn man seinem Nachbarn ein freundliches »Guten Morgen« sagt.

Das ist das Geheimnis der Liebe, dass sie sich vermehrt, indem sie geteilt wird. Und weil sie das mit der Kerze gemeinsam hat, darum freuen wir uns so, wenn wir im Advent Kerzen anzünden dürfen: Sie erinnern uns an das Geheimnis unseres Lebens.

In der Bibel wird nicht zufällig an ganz vielen Stellen immer wieder vom Licht gesprochen, bis dahin, dass Jesus Christus von sich selbst sagt: »Ich bin das Licht der Welt!« Er ist gekommen, damit es hell wird unter uns, damit Menschen sich vertragen und den Streit begraben, damit die Liebe den Hass und die Gewalt besiegt.

Unsere Aufgabe ist: Uns aufzumachen, etwas zu tun gegen die Dunkelheit; das Licht der Liebe Gottes, mit dem wir angestrahlt werden, anderen weiterzuschenken.

Eigentlich brauchen wir keine großen Scheinwerfer zu sein, nur Spiegel, die das Licht widerspiegeln. Das Licht ist Gott. Das Licht ist die Liebe und Freundlichkeit von Menschen, die wir erfahren.

Das Licht ist die Hoffnung auf die neue Welt, die uns hilft, heute schon etwas zu tun. Unsere Aufgabe ist, einander Licht zu sein.

Die Wandelsterne leuchten auch nur, weil sie von der Sonne angestrahlt werden. Sie haben kein eigenes Licht. Aber das müssen sie auch nicht. Dass sie das Licht widerspiegeln und nicht für sich behalten, das reicht, dass sie nachts am Himmel Orientierungspunkte bilden. Das ist ihre Aufgabe.

Und das ist auch unsere Aufgabe: Gottes Licht weiterzugeben.

Jesus sagte ja nicht nur: „Ich bin das Licht der Welt“, sondern auch: „Ihr seid das Licht der Welt.“

Das heißt: Wenn wir jemandem begegnen, dürfen wir ihm sagen: Ich will dir Licht bringen in der dunklen Jahreszeit. Lass uns dann ein Licht in die Welt tragen, damit sie heller und wärmer wird!