25.12.2023

„Fürchtet euch nicht; denn euch ist heute der Heiland geboren!“ (Lukas 2, 10+11)

Am Samstag las ich in der Tageszeitung, dass alle Kirchen sich einig sind darin, in diesem Jahr nicht fröhlich Weihnachten zu feiern.

Mein Mann und ich schauten uns fragend an:

  • Gab es in den letzten Jahrzehnten eigentlich keinen Krieg, nirgendwo auf der Welt?
  • Sterben nicht seit Menschengedenken tagtäglich 10.000 Kinder in dieser Welt an Hunger?
  • Sind nicht immer und überall auf der Welt Menschen einsam, traurig, bedroht, gefoltert und auf der Flucht?
  • Und haben wir nicht trotzdem in jedem Jahr fröhlich Weihnachten gefeiert?

Ich denke, uns allen ist bewusst, wie der Zustand dieser Welt ist. Dennoch ist wieder Weihnachten geworden.

Wir feiern die Geburt des Lichtes dieser Welt, des Heils dieser Welt – gerade WEIL diese Welt so ist, wie sie ist.

„Das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat’s nicht erfasst“, erzählt uns schon der Evangelist Johannes. Die Welt, die Finsternis, die da draußen, die nichts von Gott, von seinem Heil und seiner Freiheit, vom Gottessohn und seinem Frieden wissen wollen, – weil sie sich selber so schlau und so toll und so überlegen und so ich-weiß-nicht-was fühlen – die erfassen überhaupt nicht, was das Licht Gottes ist. Sie begreifen es nicht. Damals nicht, und heute auch nicht.

Da wird lieber das 482 Jahre alte Kreuz aus dem Friedens-saal des Münsteraner Rathauses entfernt, weil die grüne Außenministerin nicht begreift, was es bedeutet: nämlich Frieden und Liebe und Einigkeit.

Da werden lieber Waffen in Kriegsgebiete geschickt, als dass man diplomatisch verhandelt, weil man nichts wissen will von Gesprächen auf Augenhöhe, von gegenseitigem Respekt, von Annäherung und möglichem Frieden.

„Das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat’s nicht erfasst.“

„In IHM war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen.“ Und wer das nicht erfasst, nicht begreift, in dem ist auch kein Licht. Finstere Gestalten sind’s allemal.

Wer ihn aber aufnimmt, der ist Gottes Kind, und in dem ist die Herrlichkeit und die Gnade und die Wahrheit. Für welche Seite entscheiden wir uns? Für die des Lichtes, oder für die der Finsternis? – Also: Ich möchte nicht in der Finsternis leben, ich möchte kein Teil der dunklen Macht sein. Ich wähle das Licht, das Leben, die Wahrheit und den Frieden.

Und deshalb freue ich mich wie ein Kind, dass wieder Weihnachten geworden ist.

Ich will und ich darf fröhlich Weihnachten feiern! Und Ihr und Sie mit mir gemeinsam. Denn die Zeiten waren immer schon schlimm.

 

Ich erinnere an Paul Gerhard. Von ihm haben wir mit die schönsten Lieder in unserm Gesangbuch, und sehr fröhliche. Dabei lebte er während des 30-jährigen Krieges. Als er 29/30 Jahre alt war, grassierte die Pest. Dann auch die Pocken und die Bakterienruhr. Vier seiner fünf Kinder starben. Und dennoch fließen seine Lieder nur so über von Freude, die er inmitten von Angst, Not und Tod dichtete.

Ich steh an deiner Krippen hier,
o Jesu, du mein Leben;
ich komme, bring und schenke dir,
was du mir hast gegeben.
Nimm hin, es ist mein Geist und Sinn,
Herz, Seel und Mut, nimm alles hin
und laß dir’s wohlgefallen.

 

Ich lag in tiefster Todesnacht,
du warest meine Sonne,
die Sonne, die mir zugebracht
Licht, Leben, Freud und Wonne.
O Sonne, die das werte Licht
des Glaubens in mir zugericht’,
wie schön sind deine Strahlen!

 

Dunkelheit gibt und gab es immer in dieser Welt. Aber das Licht der Welt ist da!

Das sehen auch Menschen in Palästina so. Ich möchte gerne einige Zeilen aus einem anderen Brief aus Palästina vorlesen. Er stammt von Matthias Wolf, dem Schulleiter der Deutschen Ev.-luth. Schule Talitha Kumi in Beit Jala, 10 km südlich von Jerusalem. Es ist 24 Jahre her, dass ich dort zu Besuch war, und ebenso lange unterstützen wir dort Schüler finanziell und halten Kontakt dorthin.

Der Schulleiter schreibt in seinem Weihnachtsbrief:

„Die Nacht ist vorgedrungen, der Tag ist nicht mehr fern…“ – diese Adventsstrophe von Jochen Klepper kommen mir in den Sinn. Nichts mehr wünschen sich die Menschen hier im Heiligen Land, wünschen wir uns, dass es wieder hell werden möge.

Selbst Bethlehem, die Stadt aus der das „Licht der Welt“ kam, liegt heute regelrecht im Dunkeln. …

Wir versuchen, den Kindern und Jugendlichen während des Schulalltags ein wenig „Normalität“ zu geben – und dennoch spüren wir auch, wie unheimlich schwierig dies ist. Menschen, die ehemals befreundet waren, sprechen nicht mehr miteinander. Das eigene Leid kann kaum verkraftet werden, woher soll dann noch die Empathie für das Leid des Anderen Kommen? Fragen über Fragen!

Das Weihnachtsgeschäft in Bethlehem fällt aus und damit auch die finanzielle Grundlage vieler Menschen hier vor Ort. – Fällt deshalb auch Weihnachten aus?

NEIN, und dies sage ich mit aller Überzeugung: Die Zeit, in die Jesus hineingeboren wurde, war keine heile Welt, sondern auch schon damals herrschten Krieg und Besatzung. Dies ist natürlich kein Grund so weiterzumachen, doch es darf uns die Gewissheit geben, dass Gottes Sohn Not kannte.

 

Aus dem oben zitierten Liedvers strahlt in einer späteren Strophe ein Schein Hoffnung auf, mit dem ich gern schließen möchte: „Noch manche Nacht wird fallen auf Menschenleid und –schuld. Doch wandert mit uns allen der Stern der Gotteshuld! Beglänzt von seinem Lichte, hält euch kein Dunkel mehr; von Gottes Angesichte kam euch die Rettung her!“

Und ich schließe mit dem Gruß und Wunsch der Weihnachtsengel auf den Feldern von Bethlehem:

„Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen!“