22.11.
… Bevor ich nun ein Zeitgeschenk mache, studiere ich ihre Gutachten sehr genau. Haben meine Anwärter sich mehr um Andere gekümmert und nicht nur ihr eigenes Wohlergehen im Blick gehabt, dann könnten sie für eine Lebensverlängerung infrage kommen. Falls mein kleiner Betrug auffallen sollte und ich es an höchster Stelle vertreten muss, versichere ich ihnen, dass die Zweckdienlichkeit meiner Übergriffe überzeugen wird.
Doktor, Sie sagen ja gar nichts? Hat es Ihnen die Sprache verschlagen?“
Liebermann antwortete nicht, sondern blätterte in einem Buch, das ihm direkt vor die Füße gefallen war. Gewollt oder nicht, inhaltlich war es höchst interessant. In einem längeren Text wurde über das Leben philosophiert, das mit Lichtern verglichen wurde. Da stand:
Licht und Leben eine starke Allianz. Ohne Licht kein Leben. Das Licht als Quelle des Lebens. Das Licht, ein Gewand, das jeder trägt. Das Licht als Flamme der Hoffnung.
Liebermann las und las. Nicht alles verstand er. Ein weiteres Kapitel behandelte den Tod und seine Stellung im Leben.
Noch während er sich mit diesen Zeilen auseinandersetzte, erfüllte ihn eine bis dahin noch nie gekannte Zufriedenheit. Der hier beschriebene Wechsel von Licht und Dunkelheit machte ihn bereit, das Leben, das Ende und die damit verbundene Auflösung besser zu verstehen. „Was war der Tod? Wer war der Tod?“ Die Antwort – er fühlte sie in seinem tiefsten Inneren.
Er hatte seine Lektion erhalten und verstanden. Er wandte sich dem Tod zu: „Frieder, du bist mir ein Freund geworden, weil du ein Freund des Lebens bist.“
Ende