19. Dezember 2020

Es ist Winter, und was in diesem Jahr besonders ist, ist, dass wir viel im Garten arbeiten. Zwar sind kaum noch Insekten zu sehen, unsere Bienen hängen in ihren Wintertrauben und leben von ihren Vorräten. Doch die Singvögel sind sehr aktiv: Meisen zwitschern und Rotkehlen setzen sich auf einen Zweig in unserer Nähe, um uns bei der Arbeit zuzusehen.

Fast alle Blumen sind verblüht, die letzten Blätter fallen von den Bäumen. Doch heute beim Rasenharken habe ich blühende Gänseblümchen entdeckt, und auch die Pfefferminze hat neue, grüne Triebe bekommen.

Selbst wenn es jetzt schneien würde, würde das Leben weitergehen. Die Natur schläft nur, sie ist nicht tot.

Gestern haben wir einen Weihnachtsgottesdienst in der Schule gefeiert. Präsenz in der Kirche ist verboten, zusammenkommen ist verboten, zusammen singen ist verboten, das kirchliche Leben scheint gestorben zu sein. Doch die jungen Menschen haben über das Licht nachgedacht, das mit Jesus in die Welt gekommen ist, und das nichts und niemand auslöschen kann. Sie haben sich vor die Kamera gestellt, ins Mikrophon gesungen – und alles ist digital übertragen worden. Alle konnten von zu Hause aus, oder wo man gerade war, den Gottesdienst mitfeiern.

Wenn das Leben beschnitten wird, fängt man an, kreativ zu werden und neue Formen zu finden. Das ist schön und tut gut. Denn nichts und niemand ist in der Lage, uns die Lebenslust zu nehmen. „Nicht die Umstände bestimmen Dein Leben, sondern wie Du auf diese Umstände reagierst, das bestimmt Dein Leben“, hat einmal ein weiser Mensch gesagt.

Wer aufmerksam ist, erkennt überall das Leben, wie es blüht, wie es grünt oder zwitschert, wie es singt und lacht und spricht und betet. Das Leben ist da – wir brauchen es nur zu erkennen, und schon sind wir mitten drin.

Wer tiefer schaut, nicht nur oberflächlich, wer wirkliches, echtes, erfülltes Leben sucht, findet es, wenn er/sie das Herz, den Geist und die Seele öffnet für das, was jenseits des Sichtbaren liegt. Jenseits unserer dreidimensionalen Wahrnehmung liegt ein unendlich weites Feld, die jenseitige Welt, die voller Überraschungen und Möglichkeiten ist. Ein offenes Herz und ein freier Geist wird das Göttliche erkennen. Es wird den erleben, der von sich sagt: „Ich bin das Leben.“

Ob es nun Winter ist, ob Pandemie-Zeit, ob Freiheiten eingeschränkt sind oder klirrende Kälte Herz, Seele und Geist im Griff hat – alles das ist irrelevant, wenn wir uns an den halten, der das Leben selber ist und gibt.

Es ist ein Ros entsprungen aus einer Wurzel zart,

wie uns die Alten sungen, von Jesse kam die Art

und hat ein Blümlein bracht mitten im kalten Winter

wohl zu der halben Nacht.