18. Dezember 2020

„Lüg nicht! Sag sofort die Wahrheit!“ so wird es Kindern oftmals von Eltern, Geschwistern, Freunden oder Freundinnen, Lehrern und Lehrerinnen usw. eingetrichtert. Die Wahrheit scheint allen Menschen sehr wichtig zu sein. –Immer wieder fällt mir auf, dass die Wahrheit dann etwas sehr Subjektives ist, nämlich genau das, was die mahnende Person gerne hören will. Die Wahrheit der ermahnten Person ist eine ganz Andere. Kann das sein? Ist die Wahrheit denn gar nicht eindeutig fassbar? Fast erscheint es mir, als würde „die Wahrheit sagen“ einem „Wahrsagen“ entsprechen.

Was ist Wahrheit? Das fragte auch Pilatus, als er Jesus verhörte (Joh. 18, 38). Er diskutierte mit Jesus, wer der denn eigentlich sei; denn er sollte ihn ja zum Tode verurteilen, und dazu ist es schon nötig zu wissen, um wen es da eigentlich geht. Jesus sagte ihm, er sei in die Welt gekommen, um für die Wahrheit Zeugnis abzulegen. Fast scheint man dann beim Lesen Pilatus‘ Seufzen zu hören, als er ihm die Frage entgegnete, was denn Wahrheit sei. Er wartete Jesu Antwort gar nicht mehr ab, sondern wandte sich ab und ging hinaus zu der wartenden Menge.

Hätte er mal abgewartet. Vielleicht hätte Jesus ihm die Antwort gegeben, die er auch schon einmal seinen Jüngern gegeben hat, dass nämlich er selber die Wahrheit sei, der Weg und das Leben.

Die Menschen, von Beginn an, über die Jünger Jesu, über Pilatus, bis heute, wollen die Wahrheit kennen und in Besitz nehmen. Doch wir können erkennen, dass man die Wahrheit nicht besitzen kann. Wir können ihr uns annähern, mit ihr umgehen, sie verbreiten – doch wir können sie nicht besitzen; denn wir können Jesus nicht besitzen.  ER ist die Wahrheit – und alles, was wir sagen, denken, tun und bewegen soll an IHM gemessen werden.

Gerade in dieser unserer Zeit mit täglich neuen „Wahrheiten“ sollten wir uns darüber klar sein: „Wahr“ ist etwas, wenn es hält, was es verspricht. Daran kann sich unsere Wahrheit bewähren. In diesem Sinne ist auch Wahr-sagen etwas Positives und Eindeutiges, weil es sich an dem, der die Wahrheit ist, orientiert.

In dieser Phase, in der wir mehr Zeit haben, in uns zu gehen und unser Leben und Denken zu überdenken, können wir uns auf die Wahrheit freuen, die an Weihnachten in die Welt kommt. Egal, was bestimmte Menschen sagen – die Wahrheit kommt sowieso. Mach Dich bereit!

Das Volk, das noch im Finstern wandelt,

bald sieht es Licht, ein großes Licht.

Heb in den Himmel dein Gesicht

und steh und lausche, weil Gott handelt.

Man singt: „Ein Sohn ist uns gegeben,

Sohn Gottes, der das Zepter hält,

der gute Hirt, das Licht der Welt,

der Weg, die Wahrheit und das Leben.“