1. Dezember 2021

„Äußerlichkeit statt Innerlichkeit“

Y. Lapide schreibt:

„Die biblische Geschichte des Turmbaus zu Babel ist die erste überlieferte Geschichte von menschlicher Überheblichkeit und Maßlosigkeit, die in eine Katastrophe mündet. Gemäß biblischem Bericht hatte die Menschheit zur Zeit des Turmbaus zu Babel den Vorzug einer einheitlichen Sprache, die barrierefreie Kommunikation ermöglicht. Das ist eine ideale Voraussetzung, um tiefe menschliche Einheit und Eintracht zu stiften. Doch es geschieht erneut das, was die Bibel uns schon im Rahmen der Geschichte der Sintflut zuvor berichtet … dass auf der Erde die Bosheit des Menschen zunahm und dass alles Sinnen und Trachten seines Herzens immer nur böse war. …

Obwohl nicht im gleichen Ausmaß wie zur Zeit der Sintflut, sind die Menschen in der Generation des Turmbaus wieder nicht in der Lage, eine menschliche Gemeinschaft auf der Grundlage von Nächstenliebe und Fürsorge zu kreieren. Anstatt gesellschaftliche Wohlfahrt und karitative Werke in den Vordergrund ihres Denkens und Handelns zu stellen, sinnen und trachten die orientierungslosen Menschen nur nach größenwahnsinnigen Projekten, die ihrem maßlosen Drang nach Geltung und Macht dienen.“

Dazu muss, um Lapides Text von 2019 in unsere aktuelle Zeit zu transformieren, nichts hinzugefügt werden.

Seit März 2020 befinden wir uns (so empfinden wir es) in ganz ähnlicher Situation. Es geht auch aktuell um die Gier einiger Menschen, sich einen Namen zu machen; es geht um Überlegenheit und Grenzenlosigkeit (wenn im Erbgut der gesamten Menschheit herumgepfuscht wird); …

Ich zitiere weiter aus Lapides Text:

„Menschliche Zivilisation und Kultur entstehen nur durch Pluralität und Diversität menschlicher Äußerungen und Einbringungen – keinesfalls durch aufgezwungene diktatorische Machtbekundungen.

Zwei zerbrochene deutsche Diktaturen zeigen uns überdeutlich, dass nur die Vielfalt menschlicher Ideen und Ideale der Garant für gemeinschaftliche Zufriedenheit, Dankbarkeit und Achtbarkeit ist. …“

Und sein Schlussappell: „Bauen wir gemeinsam eine neue spirituelle Menschlichkeit statt vergängliche materielle Türme und Paläste!“

Er kommt auch noch heute und lehret die Leute,

wie sie sich von Sünden zur Buß sollen wenden,

von Irrtum und Torheit treten zu der Wahrheit.

(EG Lied 5, 2)